Kompetenzbündelung – wo ist sie bei der Digitalisierung der Verwaltung sinnvoll?

Bei der Digitalisierung der Verwaltung kann die Bündelung von Kompetenzen entscheidende Impulse für Innovationen und Optimierungen geben. Doch dabei dürfen keine abgeschotteten Strukturen geschaffen werden. Die praktische und dauerhafte Wirkung in der Fläche sollte gleich mitgedacht werden.

Kurz & knapp

  • Die Digitalisierung der Verwaltung erfordert qualifizierte Fachkräfte. Für die sind Kompetenzzentren, in denen sie gestalten können, attraktiv.
  • Die Bündelung von Kompetenzen in zentralen Teams ist sinnvoll, wenn es um standardisierbare Prozesse geht und fördert Innovationen – aber nur bei Akzeptanz durch die dezentralen Strukturen.
  • Dann kann sich ein nachhaltiger Kulturwandel entwickeln und Strukturen geschaffen werden, die die Basis für eine dauerhaft funktionierende digitalisierte Verwaltung bildet.

Die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland, unter anderem durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) ist zwingend erforderlich, um die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten. Bürger*innen, Organisationen und Unternehmen erwarten und benötigen digitale Anwendungen und Prozesse. Schon heute lassen sich „Kipppunkte“ erkennen. Einer davon ist das Fehlen von qualifizierten, digital affinen Nachwuchs – ein anderer, dass die Verfügbarkeit praktischer Anwendungen zu langsam vorangeht.

Der demografische Wandel stellt die Verwaltung vor enorme Herausforderungen und ist nur mit einer umfassenden Transformation zu bewältigen. Um die Verwaltung für kompetente Fachkräfte attraktiv zu machen, sind Innovationen notwendig. Menschen, die sich in Behörden mit Digitalisierung beschäftigen, wollen gerne gestalten. Doch das ist in „starren“ Organisationen schwierig und stellt beim Werben um Fachkräfte einen erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber der freien Wirtschaft dar.

Chancen durch Kompetenzbündelung

Deshalb bietet die Kompetenzbündelung – sei es in Ressorts von Ministerien oder in den Abteilungen von Kommunen – bei der Digitalisierung der Verwaltung große Chancen:

  • Die dadurch entstehenden Abteilungen oder Kompetenzteams machen die Verwaltung für qualifizierte Nachwuchskräfte attraktiv.
  • Gerade in der IT ermöglicht dieses Know-how Innovationen und Standardisierungen, die die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben – nicht zuletzt durch Skaleneffekte.

Für die Verwaltung eher ungewohnte Freiräume und Probehandeln sind dafür wichtige Voraussetzungen. Dabei darf es weder zu einem „Treibhaus-“ noch zu einem „Hofnarreneffekt“ kommen. Die Innovationen dürfen nicht nur in einer Laborumgebung bestehen und ihre Ergebnisse müssen ernst genommen werden.

Deshalb muss bei der Kompetenzbündelung auf zwei Aspekte geachtet werden:

  • Die Innovationsteams benötigen Durchsetzungskraft. Notwendig ist jemand auf einer hohen Hierarchieebene, der oder die diese Teams bzw. Abteilungen beauftragt, die Ergebnisse der Arbeit positiv aufgreift und durchsetzen hilft.
  • Bei der Entwicklung von Innovationen die praktische Anwendung in der Breite schon gleich mitdenken. Dafür ist wichtig, Projekte nicht nur mit Blick auf ihr Ergebnis zu designen und aufzusetzen, sondern sie zu nutzen, um Arbeitsweisen, Formen der Zusammenarbeit und schnelle Entscheidungswege (Governance) zu erproben und dann zu verstetigen. So dienen Projekte auch als Blaupause der zukünftigen Zusammenarbeit in der Verwaltung

Im Idealfall kommt es zu einer kulturstiftenden Veränderung des Mindsets in der Verwaltung. Denn die Kompetenzteams benötigen natürlich den Input aus den Fachabteilungen. Daraus entwickeln sich neue Kommunikationskanäle und Vertrauensverhältnisse. Das erhöht einerseits die Akzeptanz der Kompetenzteams in den Fachabteilungen, andererseits spielen deren Bedürfnisse bei der Entwicklung von Innovationen eine größere Rolle.

Ein gewisses Ungleichgewicht fördert Innovationen

Zwischen den zentralisierten Kompetenzbereichen und den deszentralisierten Strukturen der restlichen Verwaltung sollte eine gewisse Disbalance herrschen. Die Kompetenzteams wirken wie eine Art „Stein im Schuh“ und treiben als Impulsgeber die Entwicklung und Umsetzung von standardisierten Lösungen und neuen Methoden voran. Gleichzeitig lassen sich durch die Know-how-Bündelung Parallelprozesse abbauen und Kosten reduzieren. Die Innovationsteams müssen sich dabei sehr stark an den Werten der Organisationen orientieren und zentrale Kriterien im Blick behalten: Stiftet die Innovation wirklich für Bürger*innen und Verwaltung Nutzen, ist sie finanzierbar und skalierbar? Nur dann wirkt der „Stein im Schuh“ als anhaltende Erinnerung und nicht als Ärgernis. Die Disbalance zwischen zentralisierten und dezentralisierten Strukturen wird nicht zu groß.

Aus der Akzeptanz und der Breitenwirkung von Innovationen lässt sich ihr Erfolg ermitteln: Wie viele Projekte wurden umgesetzt?  Wie gut ist die Qualität der Zusammenarbeit bei der Umsetzung? Entscheidend – und am schwersten zu messen – ist der Grad des nachhaltigen Kulturwandels, der durch Innovationen entsteht.

Ein Beleg dafür, dass es sinnvoll ist, bestimmte Dinge zu zentralisieren, zeigt das OZG-Programm in Mecklenburg-Vorpommern: Dieses zentralisierte Programm bündelt die gesamte fachliche Kompetenz zur Umsetzung des OZG im Land und den Kommunen, mit Governance-Strukturen zur Einbindung aller Ressorts und Verwaltungsebenen. Das schafft die Voraussetzungen, die für die Entwicklung und den dauerhaften Betrieb einer digitalisierten Verwaltung notwendig sind.

mgm auf dem Zukunftskongress vom 19.- 21. Juni im WECC – Westhafen Event & Convention Center Berlin

Kompetenzbündelung in der Verwaltung: Chancen, Herausforderungen und der Weg zu Innovation

Montag, 19.06.2023, 13:15-14:15 Uhr

Weiterführende Informationen:

Blog-Artikel: IT-Infrastrukturprojekte im OZG-Kontext

Blog-Artikel: OZG – Erfolgreiche Umsetzung braucht IT-Service-Management Know-how und Strukturen