Die fortschreitende Digitalisierung stellt für viele Behörden immer noch eine große Herausforderung dar: Zahlreiche nationale und europäische Regularien müssen eingehalten, Bürgerdaten datenschutzkonform verarbeitet und Prozesse nutzerorientiert neugestaltet werden. Bei der Umsetzung fehlt es vielen Organisationen jedoch oft an den nötigen Werkzeugen, um aufwandsarm maßgeschneiderte Digitalisierungslösungen bereitzustellen. Die Folge: ein Digitalisierungsstau, bei dem nichts voranzukommen scheint und Bürger sowie Behörden-Mitarbeitende auch heute noch viel zu oft auf eingescannte Dokumente und handschriftliche Anträge angewiesen sind.
Einen Lösungsansatz bieten Low Code-Plattformen. Sie verändern die Art und Weise, wie öffentliche Organisationen digitale Lösungen entwickeln und umsetzen können. (Enterprise)-Plattformen ermöglichen es, digitale Anwendungen schnell und effizient zu erstellen, ohne dabei tiefgehende Programmierkenntnisse zu besitzen. Dies ermöglicht Verwaltungen, agil auf neue Herausforderungen zu reagieren und Schnelligkeit in der Digitalisierung zu gewinnen. Statt jahrelang auf die Fertigstellung komplexer Softwareprojekte zu warten, können Behörden binnen weniger Wochen oder Monaten Prototypen, zum Beispiel für Bürgerportale, entwickeln und diese sukzessive verbessern. Die schnelle Entwicklungszeit verkürzt nicht nur die Implementierungsphasen, sondern spart auch Kosten.
Nachhaltige Erhöhung der digitalen Souveränität
Digitale Souveränität ist eine zentrale Leitplanke der Verwaltungsdigitalisierung: Organisationen aller föderalen Ebenen sollen Kontrolle über ihre IT-Infrastrukturen und Daten behalten und selbstbestimmt handeln können. Dies gelingt insbesondere, wenn Low Code-Plattformen zum Einsatz kommen. So sind Behörden in der Lage, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln und Abhängigkeiten zu verringern.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Stärkung der Fachsouveränität. Mit Low Code (oder No Code)-Plattformen werden insbesondere auch Fachabteilungen befähigt, selbst hochkomplexe, integrierte Anwendungen eigenständig anzupassen. Fachexpert:innen wird ermöglicht als Co-Entwickler oder sogar als Citizen Developer, sowohl intern als auch für Kund:innen Prozesse zu automatisieren, maßgeschneiderte Lösungen für einzelne Fachbereiche zu entwickeln oder Prozesse zu optimieren. Der große Vorteil: Auch ohne umfassendes IT-Wissen können Mitarbeitende Anwendungen Dank graphischer Entwicklungswerkzeuge und vorgefertigten Modulen mitgestalten ohne dabei auf komplexe Programmierung angewiesen zu sein.
Ein weiterer Aspekt bei der digitalen Souveränität ist die Datenhoheit. Die Nutzung von Low Code-Plattformen ermöglicht bei eigenständigem Hosting oder cloudbasierter Bereitstellung als Platform-as-a-Service in Deutschland und der EU eine bessere Kontrolle über Datensicherheit und -schutz. Auch können mittels Low Code-Plattformen Schatten-IT-Lösungen und Datensilos sukzessive abgelöst und in eine konsistente Datenhaltung überführt werden. Öffentliche Institutionen können so sicherstellen, dass Daten nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften gespeichert und verarbeitet werden.
Förderung eigenständiger und kooperativer IT-Lösungen
In der Verwaltung stehen oft nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung. Hier können Low Code-Plattformen die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen und Behörden vereinfachen und die Nachnutzung von Lösungen untereinander erhöhen. Durch den kollaborativen Low Code-Ansatz können unterschiedliche Anforderungsgeber und Fachabteilungen auch in interdisziplinären Teams direkt an der Erstellung und Anpassung von Anwendungen mitwirken. So werden IT-Lösungen entwickelt, die ein hohes Maß an Transparenz und Akzeptanz aufweisen und die auch den tatsächlichen Bedürfnissen der Anwender:innen entsprechen.
Übergeordnete Anforderungen und Rahmenbedingungen
Neben der operativen Erhöhung der digitalen Souveränität gilt es Low Code als Technologie-Ansatz auch zur langfristigen und übergreifenden Stärkung der staatlichen Handlungsfähigkeit in die föderale IT-Landschaft zu integrieren. Hierzu können gemeinschaftlich übergeordnete Rahmenbedingungen für den richtigen Einsatz von Low Code-Plattformen identifiziert werden. Dies umfasst zum Beispiel Aspekte wie die Vermeidung von einseitigen Abhängigkeiten von einzelnen Marktakteuren und Infrastrukturen, beispielsweise aus Nicht-EU-Staaten, oder die Einhaltung von Sicherheits- und Datenschutzanforderungen sowie Aspekte der Nachnutzung und Interoperabilität. Hier können die vielen bereits erfolgreich umgesetzten Low Code-Projekte einen wichtigen Beitrag liefern, welche schon heute die Digitalisierung der Verwaltung maßgeblich mit vorantreiben.
Low Code als Digitalisierungstreiber im Public Sector?
- Welche Vorteile bieten Low Code-Plattformen der öffentlichen Verwaltung bei der Digitalisierung?
- Stärken sie die digitale Souveränität? Fördert Low Code die interdisziplinäre Zusammenarbeit?
- Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um das Potenzial von Low Code voll auszuschöpfen?
Mitdiskutieren auf dem Zukunftskongress in Berlin
Best Practice Dialog II.C5: Dienstag, 25. Juni, 15.00-15.45h
„Low Code: Digitalisierung von, für und mit Verwaltung. Neue Formen digitaler Souveränität?“