Effizientes IT-Service-Management im Kontext von OZG und EfA: Herausforderungen und Lösungen

Das Onlinezugangsgesetz ist eine der wichtigsten Initiativen, um die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben. Eine zentrale Rolle spielt dabei das „Einer-für-Alle“ Prinzip, das sich auf die Idee bezieht, digitale Verwaltungsdienste so zu gestalten und betreiben, dass sie von allen Bundesländern und Kommunen mit nutzbar sind. Dieses arbeitsteilige Vorgehen ermöglichte bisher eine effiziente Entwicklung von digitalen Verwaltungsleistungen und erfordert nun für die kommende Phase des IT-Betriebs ab 2024 eine neue Form der gemeinsamen Zusammenarbeit.

In diesem Beitrag stellen wir Herausforderungen für die öffentliche Verwaltung sowie Lösungsansätze für die Mitnutzung und den Betrieb von EfA-Onlinediensten vor.

Kurz & knapp

  • Die weitreichende Digitalisierung aller deutschen Verwaltungen bedarf eines tiefgreifenden Ansatzes, bei welchem alle alten Prozesse und Abläufe überdacht und modernisiert werden.
  • Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen umfassend befähigt werden nicht nur die fachlichen, sondern vor allem auch die technologischen Anforderungen der neuen Systeme zu meistern.
  • Für eine Erweiterung des digitalen Angebots braucht es eine gute Zusammenarbeit zwischen Verwaltungen und IT-Dienstleistern, um effiziente Entscheidungswege zu steuern und die Kosten durch stabil laufende Systeme zu senken.

Herausforderungen für den IT-Betrieb von EfA-Onlinediensten

Durch das Onlinezugangsgesetz soll der digitale Zugang zu Verwaltungsleistungen für Bürger:innen und Unternehmen erleichtert und Verwaltungsabläufe reibungsloser gestaltet werden. Für das IT-Service-Management der digitalen Verwaltungsleistungen bedeutet dies jedoch, die bisher üblichen IT-Prozesse zu überdenken und an die arbeitsteilige Zusammenarbeit anzupassen. In unseren Projekten sind wir immer wieder auf folgende Problematiken gestoßen.

Mindestanforderungen und Rahmenwerk für Betrieb und Mitnutzung

Mit dem Beginn der Umsetzung des OZG wurde ein verbindlicher Leitfaden als Handreichung für alle Akteure veröffentlicht, dessen Schwerpunkt jedoch auf der Umsetzung digitaler Verwaltungsdienste lag. Die umfassende Beschreibung der Rollen und der Zusammenarbeit in der Implementierungsphase hat sich sehr gut bewährt. Auf diesen Erfahrungen konnten im Aufbau der Betriebsorganisationen und Roll-Out des letzten Jahres zurückgegriffen werden und es hat sich gezeigt, dass auch für den IT-Betrieb der EfA-Dienste länderübergreifend verbindliche Rollendefinitionen und Zusammenarbeitsvorgaben notwendig sind.

Die Arbeitsgruppe Rahmenbedingungen und Betrieb – Einer für Alle (AG RaBe – EfA) hat mit der Erarbeitung von Mindestanforderungen für den Betrieb einen Rahmen geschaffen, der eine effektive und effiziente Zusammenarbeit ermöglicht. Die einheitlichen Kriterien und Vorgaben regeln den Betrieb, Support und Weiterentwicklung verbindlich und schaffen damit ein gemeinsames Verständnis der Verantwortlichkeiten über Ländergrenzen hinweg.

Im Rahmen der Mitnutzung empfiehlt es sich daher für jedes Bundesland bzw. Fachressort sich umfassend mit diesem Rahmenwerk auseinanderzusetzen, um die länderspezifischen Koordinations- und Abstimmungsaufgaben für die Mitnutzung der digitalen Verwaltungsleistungen des eigenen Fachressorts zu erfassen und entsprechende Verantwortlichkeiten zu definieren.

Notwendigkeit einer koordinierenden Stelle im Sinne einer Betriebseinheit

Um die Handlungsfähigkeit und den Betrieb der digitalen Verwaltungsdienste sicherzustellen, ist eine effektive Zusammenarbeit zwischen dem IT-Dienstleister und den Fachbereichen erforderlich. Es bedarf einer operativen Einheit in der Verwaltung, die die Abstimmung mit den IT-Dienstleistern vornimmt, fachliche Entscheidungen priorisiert und vorantreibt sowie und die Beziehungen zu anderen Ländern pflegt. Diese Einheit muss beide “Sprachen” sprechen können, sowohl die der Verwaltung und auch die der IT-Dienstleister. Die Bündelung vom fachlichen und technischen Know-how in der Zusammenarbeit kann eine verlässliche Bereitstellung der digitalen Verwaltungsdienste unterstützen.

Aktuell zeichnet sich ab, dass nicht nur der Betrieb dieser EfA-Onlinedienste an externe IT-Dienstleister ausgelagert wird, sondern auch wichtige Aufgaben, wie Koordination, Evaluierung und Bewertung neuer fachlicher Anforderungen an die Onlinedienste. Da jedes betreibende Bundesland die zentrale Verantwortung für den Betrieb und die Pflege des EfA-Onlinedienstes innehat, sollte genau geprüft werden, welche Aufgaben an externe IT-Dienstleister delegiert werden können und welche in der Verwaltung bleiben sollten.

Hohe Komplexität durch die verschiedenen Akteure

Eine der wichtigsten Aufgaben, die das betreibende Land verantwortet, ist die strategische Steuerung und Weiterentwicklung der jeweiligen Onlinedienste sowie Anpassung des finanziellen Rahmens bei Bedarf. Aufgrund der hohen Komplexität der verschiedenen Akteure in den mitnutzenden Ländern erfordert die Zusammenarbeit effektive Koordinationsmechanismen. Das „klassische“ IT-Service-Management mit direkten „1:1-Beziehungen“ stößt hier an seine Grenzen.

Da alle Länder für die Mitnutzung der digitalen Verwaltungsdienste Haushaltsmittel aufwenden, sind sie bei der fachlichen Strategie und Priorisierung der Weiterentwicklung auch mitspracheberechtigt. Dazu müssen die Zuständigkeiten und Prozesse in der Betriebsphase zwischen allen Beteiligten klar definiert werden, um diese Entscheidungen effizient treffen zu können. Insbesondere braucht es dabei einen ausgestalteten Prozess und eine Aufteilung zwischen der eher strategischen Rolle der Mitnutzungsverantwortlichen auf der Landesebene und der Fachbereiche in den mitnutzenden Kommunen bzw. Vollzugsbehörden.

Was braucht es noch für ein effektives IT-Service-Management der digitalen Verwaltungsdienste?

Es ist klar geworden, dass die Mindestanforderungen an den Betrieb die Verantwortlichkeiten strukturierter einfordert, dass es einer zentralen Koordinierungsstelle innerhalb der Verwaltung bedarf und die Komplexität der Akteure gut gesteuert werden muss. Dennoch erfordern die neu geschaffenen Strukturen jetzt weitere Maßnahmen, um den nachhaltigen Übergang in den Regelbetrieb zu schaffen. Es ist unabdingbar, die ITIL-Prinzipien zu überdenken, auf EfA-Konformität zu prüfen und an die Verwaltungsstrukturen anzupassen. Darüber hinaus müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befähigt werden, im fachlichen und technischen Umfeld zu agieren. Letztlich muss sich die Integration und Interoperabilität der organisatorischen und technischen Prozesse auf Bundesebene wiederfinden, z.B. im Zusammenschluss von 16 Bundesländern für einheitliche Supportkanäle.

ITIL-Prozesse müssen EfA-konform konzipiert werden

Für den Aufbau und Betrieb von digitalen Verwaltungsdienstleistungen nutzen viele Betriebseinheiten das IT-Service-Management Rahmenwerk ITIL. Diese Prozesse sind jedoch nicht direkt für Kooperationsmodelle nach dem EfA-Prinzip geeignet und müssen an die jeweilige Verwaltungsstruktur angepasst und mit entsprechenden Koordinationsmechanismen für die IT-Dienstleister ausgestaltet werden.

So sollten betreibende Länder für die Support- und Change-Management-Prozesse genau prüfen, wie die Bedarfe der mitnutzenden Länder aufgenommen und bewertet werden können, und wie man diese fachlichen Änderungsbedarfe gleichzeitig mit den notwendigen technischen Änderungen in einer gemeinsam abgestimmten Roadmap zusammenführt.

Darüber hinaus erfordern die hohen Anforderungen an die Interoperabilität zwischen den Systemen bzw. Plattformen verschiedener mitnutzender Verwaltungen und die notwendige Datenintegration eine entsprechende Berücksichtigung in den Release-Management-Prozessen und bei der gemeinsamen Weiterentwicklung der jeweiligen digitalen Verwaltungsdienste.

Befähigung der Mitarbeitenden in der Verwaltung für die „Mittler“-Position

Neben geeigneten Strukturen für die länderübergreifende Zusammenarbeit, müssen auch geeignete Strukturen für den Betrieb der EfA-Verwaltungsdienste im betreibenden Land aufgebaut werden. Um die Integration dieser IT-Services in der Verwaltung zu ermöglichen, sollten diese Mitarbeitenden umfassend für diese „Mittler“-Position befähigt werden. Dazu gehört neben dem Verständnis der IT-Service-Management-Prozesse auch die Steuerung der IT-Dienstleister, so dass eine effiziente Abstimmung durch angemessen gestaltete operative Prozesse möglich ist.

Die Erfahrungen aus der Umsetzungsphase zeigen, dass gerade an der Schnittstelle zu den IT-Dienstleistern die Übersetzung der die technische Ebene weitergehende Kompetenzen erfordern. Um der zentralen Verantwortung für den Betrieb der EfA-Verwaltungsleistungen gerecht zu werden, müssen zum Beispiel auch Abhängigkeiten der verschiedenen involvierten IT-Komponenten und Systeme zu den jeweiligen digitalen Verwaltungsdiensten verstanden werden, um diese in der strategischen Weiterentwicklung zu berücksichtigen.

Bundesweit vereinheitlichte Supportstrukturen

Für eine hohe Nutzerakzeptanz der digitalen Verwaltungsdienste sollten im Rahmen der Neudefinition der föderaler IT-Strukturen auch die landes- und kommunenspezifischen Supportstrukturen neu betrachtet werden. Der 115-Verbund beantwortet als zentraler Erst-Ansprechpartner nicht nur wiederkehrende „einfache“ Fragestellungen, sondern leitet auch bei detaillierten Unterstützungsfragen das Anliegen an die jeweils zuständige fachliche oder technische Stelle weiter.  Um diesen Prozess transparent und nachvollziehbar zu gestalten, empfiehlt sich ein bundesweites IT-Support-System, was jedoch aufgrund der föderalen IT-Struktur aktuell nicht umsetzbar ist.

In unseren Projekten war es immer wieder hilfreich auf bereits gut funktionierende Lösungen zu schauen, wie zum Beispiel KONSENS. Der Begriff KONSENS steht für „Koordinierte Neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung” und es umfasst die koordinierte Zusammenarbeit der 16 Bundesländer und des Bundes bei der Digitalisierung der Steuerverwaltung. Innerhalb des KONSENS-Abkommens wurden über die Jahre die Supportstrukturen so vereinheitlicht, dass alle Helpdesks der Länder zentral verknüpft sind und damit ein länderübergreifendes Incident-Management geschaffen wurde. Es gibt abgestimmte automatisierte Prozesse inklusive der Kategorisierung von Störungen und klare Routingabläufen bzw. Nachvollziehbarkeit der Supportanfragen.

Wie im Rahmen der Entwicklung der EfA-Verwaltungsdienste viele Fragen im föderalen Architekturboard bzgl. der OZG-Umsetzung besprochen und gelöst wurden, braucht es nun auch die strategische Aufmerksamkeit für die Interoperabilität der bundesweit unterschiedlichen Supportsysteme.

Fazit

Die Herausforderungen für den Betrieb oder die gemeinsame Nutzung von EfA-Verwaltungsdiensten sind vielfältig, aber mit den richtigen Ansätzen zu bewältigen.

Wir haben umfangreiche Erfahrungen in Projekten gesammelt, die sich u.a. auf die Neugestaltung von IT-Prozessen im EfA-Kooperationsmodus, den Aufbau von Betriebseinheiten und OZG-Programmen sowie die Befähigung von Verwaltungsmitarbeitenden beziehen. Alle Akteure im OZG-Kontext haben das gemeinsame Ziel, das digitale Angebot der Verwaltung zu erweitern.

Dazu bedarf es einer guten Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und IT-Dienstleistern, um effiziente Entscheidungswege zu steuern und Kosten durch stabil laufende Systeme zu senken. Ein effizientes IT-Service-Management ist unabdingbar, um die Nutzungsakzeptanz bei den Bürger:innen und Unternehmen für digitale Verwaltungsleistungen zu erhöhen.

Eine gemeinsame Sicht aller Beteiligten auf die IT-Services ist dabei ein integraler Bestandteil von Lösungen zur Digitalisierung der Verwaltung und wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen.