Moderne, digitalisierte Register sind eine wesentliche Grundlage für eine vernetzte Bürokratie. Sie sollen es den Bürgern und Unternehmen ermöglichen, Anträge zu stellen ohne Nachweise mehrfach einreichen zu müssen. Als gesetzliche Vorgabe dient hierfür das Registermodernisierungsgesetz auf nationaler, sowie die Single Digital Gateway Verordnung (SDG-Verordnung) auf internationaler Ebene. Doch was so einfach klingt, bringt aufgrund der komplexen und durch föderale Strukturen geprägten Registerlandschaft viele Herausforderungen mit sich.

Kurz & knapp

  • Die Implementierung von modernen Registern bedarf einer vollumfassenden Analyse in allen Bereichen.
  • Um ein Register entsprechend den nationalen und internationalen Vorgaben an die Komponenten der Architektur des IT-Planungsrates anzuschließen, gilt es, Standards und bereits vorhandene Strukturen zu nutzen.
  • Die Verwendung einer Low Code-Plattform bietet die Möglichkeit, fachliche und technische Herausforderungen zeit- und kostensparend zu lösen.

Während noch an der Umsetzung der im Onlinezugangsgesetz (OZG) definierten Leistungsbündel gearbeitet wird, gibt es schon das nächste große Vorhaben, um einen grundlegenden Teil der Strukturen des öffentlichen Sektors zu digitalisieren: Die Registermodernisierung. Während das OZG Bund und Länder verpflichtet, Verwaltungsleistungen elektronisch anzubieten, sind die damit zusammenhängenden Prozesse häufig durch Medienbrüche gekennzeichnet. Hier setzt nun das Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) an.

Alle relevanten Register sollen unter Berücksichtigung des Datenschutzes miteinander kommunizieren können. Der erhoffte Gewinn ist eine medienbruchfreie Bereitstellung von notwendigen Daten für Anträge und Fachverfahren und eine komfortablere Datenpflege für den Fachanwender. Basierend auf den durch den IT-Planungsrat definierten übergreifenden, semantischen, technischen, organisatorischen und rechtlichen Leitprinzipien gilt es für jedes Register, die Prozesse zu verstehen, zu analysieren und in eine regelkonforme, moderne Implementierung zu überführen, die vorhandene Standards und Strukturen optimal nutzt.

Prozessanalyse als Grundlage für die Registerstrategie

Ergibt sich die Möglichkeit, ein Register im Zuge der gesetzlichen Vorgaben zu modernisieren, sollte die Chance genutzt werden, um den gesamten Datenlebenszyklus zu analysieren. Die Identifizierung von Digitalisierungspotentialen und mögliche Auswirkungen auf Fachverfahrensprozesse sind daraus resultierende Ergebnisse.

Erfolgt die Datenhaltung zentral oder dezentral? Gibt es eine übergeordnete Instanz, an die ein Reporting erfolgen muss? Gibt es die Möglichkeit, Prozesse effizienter zu gestalten und dadurch die Daten effizienter nutzen und verwalten zu können? Wie hoch ist der Aktualisierungsbedarf der Daten? Sind die Verantwortlichkeiten im Fachprozess definiert? Müssen im Fachgesetz Anpassungen erfolgen? Welche Nachweise werden für das Fachverfahren benötigt? Dies ist nur ein kleiner Teil von relevanten Fragen, um die vorhandenen Strukturen besser zu verstehen und darauf aufbauend eine eventuell notwendige Prozesstransformation zu starten.

Ein langfristig angelegtes Programm wie die Registermodernisierung bringt viele Faktoren mit sich, die bereits bei der Erarbeitung der Strategie für die Digitalisierung eine wichtige Rolle spielen. Rechtliche Vorgaben schreiben die Verwendung gewisser Komponenten, Prüfungen oder Standards vor. Darüber hinaus gilt es, auch die organisatorischen Unterschiede der jeweiligen registerführenden Stellen herauszuarbeiten. Die IT-Strategie für diese Stellen wird um individuelle Ziele auf Basis der Leitprinzipien ergänzt und in ein eigenes Registerprogramm überführt. Durch die Aufnahme der Gesamtsituation werden nach einer Schwerpunktanalyse die Handlungsfelder ermittelt, priorisiert und in Planung gebracht. Mit hybridem Projektmanagement wird die technische Implementierung der anspruchsvollen Architektur erfolgsorientiert begleitet.

Technische Architektur – Anbindung von Registern auf allen Ebenen

Das Zielbild der Registermodernisierung sieht nicht nur eine Verknüpfung der Register national, sondern auch international vor. Auf nationaler Ebene und verwaltungsbereichsübergreifend hat der IT-Planungsrat eine Architektur definiert, die mittels des 4-Corner-Modells den hohen Datenschutzanforderungen entspricht. Folgende Komponenten der Architektur sind hierbei hervorzuheben:

  • Das IDA-Verfahren (Identitätsdatenabruf-Verfahren) dient einerseits zum Abrufen der Identifikationsnummer, andererseits zum Abgleich der Basisdaten einer einzelnen Person im vorhandenen Datenbestand.
  • Mit dem Datenschutzcockpit können Bürgerinnen und Bürger die für ihre OZG-Leistung benötigten Datenflüsse und ihre persönlichen Daten einsehen.
  • Die Registerdatennavigation dient als zentraler Routing-Dienst und liefert abrufenden Stellen die Informationen, von welcher konkreten Behörde sie notwendige Nachweise abrufen können und welche technischen Parameter dafür benötigt werden.
  • Um einen antragstellenden Bürger oder eine Bürgerin, ein Unternehmen oder eine Behörde zu identifizieren und zu prüfen, ob diese berechtigt sind, entsprechende Daten abzurufen, ist ein Identifikations- und Authentifizierungsmanagement von zentraler Bedeutung.
  • Um einen Anschluss an das Europäische Once-Only-Technical-System (OOTS) zu ermöglichen, wird aktuell ein SDG-Connector durch die Gesamtsteuerung Registermodernisierung entwickelt.

Abb.: Zentrale Ansatzpunkte und Komponenten bei der Digitalisierung eines Registers im Registermodernisierungskontext. Ziel ist eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung vom Antrag, basierend auf dem OZG, bis zur Datenbank eines Registers unter Berücksichtigung aller einzubindenden Komponenten. Je nach Komplexität eines Fachverfahrens erfolgt der Datenabruf von einer verschieden großen Anzahl an Registern.

 

Auf dieser übergeordneten Ebene sind die Zielvorgaben für die Digitalisierung von Registern klar vorgegeben. Im Einzelfall sind jedoch eine Reihe von Besonderheiten zu berücksichtigen. So können dezentrale Register ihre Daten erst bündeln und Abrufe protokollieren. Dies geschieht zum Beispiel über Kopfregister auf Landes- oder Bundesebene. Kommen noch Spiegelregister ins Spiel, müssen auch diese ihren Platz in der Gesamtarchitektur finden.

Eine Variante, dezentrale Register zu modernisieren, ist die Verwendung einer dafür ausgelegten Cloud. In dieser wird die Registersoftware in Container „verpackt“ und kann dann für jeden Mandanten einzeln ausgerollt werden. Gleichzeitig wird die Verwaltung zentralisiert, das heißt: Die Betreuung von Dutzenden von Instanzen verursacht nicht mehr Arbeit als die Betreuung von einigen wenigen. Zusammen mit den weiteren Vorteilen einer Cloud, wie Ausfallsicherheit und hoher Skalierbarkeit, bietet dieser Ansatz die Möglichkeit, die immer komplexer werdenden Anforderungen der Zukunft bei gleichzeitiger Kostenreduktion zu realisieren.

Relevanz von Standards bei der Digitalisierung der Datenbanken

Geht es um den Kern des Registers, die Datenhaltung, so ist auch hier derzeit ein sehr heterogener Digitalisierungsstand zu finden. Einerseits gibt es Register wie das Hamburger Schiffsregister, die vollständig digitalisiert sind, andererseits sind in einigen Registern, wie zum Beispiel den Personenstandsregistern, der Großteil der Einträge noch auf Papier.

Gilt es ein Register zu ertüchtigen, sollte gleich bei der Implementierung darauf geachtet werden, standardisierte Schnittstellen einzubauen. Bei fortgeschrittenem Digitalisierungsgrad ist von Fall zu Fall zu entscheiden: Werden die Schnittstellen angepasst oder neu implementiert? Oder schafft ein Mapping die Übersetzung der vorhandenen, nicht standardisierten Schnittstellen auf eine anschlussfähige Datenstruktur? Unabhängig vom Stand der Digitalisierung ist jedoch immer ein gewisser Mapping-Aufwand zu betreiben. Erfahrungen aus bereits laufenden Anwendungen, wie beispielsweise ELSTER, können hierbei zu einer robusteren, langlebigeren Datenverarbeitung beitragen.

Neben der Nutzung von standardisierten Schnittstellen trägt auch die Verwendung von XÖV-Standards für die Datenübertragung deutlich zu einer Vereinheitlichung des Datentransfers und der -verarbeitung bei. Vorhandene XÖV-Standards können im XRepository eingesehen werden und neue Standards, falls nötig, aus den Projekten in Zusammenarbeit mit der KoSIT (Koordinierungsstelle für IT-Standards) entwickelt werden.

Eine weitere Herausforderung bei einem Teil der Register liegt in der komplexen Datenhaltung. So dürfen in einigen Fällen Daten niemals gelöscht werden, um Besitzansprüche klar definieren zu können. Erfahrungen aus der Digitalisierung des Hamburger Schiffregisters zeigen jedoch, dass eine angemessen sichere Speicherung entsprechender Daten auf einer relationalen Datenbank über einen dokumenten-getriebenen Ansatz in Form von Protokolleinträgen möglich ist. Durch das Sperren der Anwendung während des Signaturvorganges wird zusätzlich die Sicherheit der Datenhaltung erhöht. Dieses Vorgehen lässt sich auf eine Vielzahl von Registern mit komplexer Datenhaltung übertragen.

Register & ihre Pflege – das Fachverfahren

Neben der Technik spielt auch die Fachlichkeit bei der Registermodernisierung eine große Rolle. Wenn ein Register erstmalig digitalisiert wird, wird ein damit zusammenhängendes Fachverfahren für die Datenpflege bereitgestellt und organisatorisch mit Verantwortlichkeiten besetzt. Bei bereits digitalisierten Registern muss ein bestehendes Fachverfahren im Kontext der Registermodernisierung überprüft und erweitert werden. In beiden Fällen entstehen große Implementierungsaufwände. Eine zeit- und kostensparende Alternative zur reinen Individualentwicklung bietet die modellbasierte Entwicklung von Fachverfahren mittels Low Code-Plattformen. Diese bieten den Fachexperten die Möglichkeit, komplexe Validierungen und Zusammenhänge – sprich: die Fachlichkeit – selber abzubilden.

Beispielsweise können rechtlich relevante Vorgänge wie zum Beispiel das Röten oder Unterzeichnen geänderter Registereinträge durch Rechtspfleger mittels Low Code schnell digitalisiert werden. Die im Zusammenhang mit der Registermodernisierung vom IT-Planungsrat geforderte Verbesserung von Datenqualität und -aktualität, die durch den Fachanwender geprüft werden muss, kann ebenfalls durch unterstützende technische Prozesse direkt im Fachverfahren erfolgen. Schlussendlich ist das Zusammenspiel zwischen fachlichen und technischen Vorgängen der Schlüssel für die gelungene Digitalisierung eines Registers.

 

Mehr zum Thema Registermodernisierung auch beim Digitalen Staat in Berlin:

Den Datensumpf trockenlegen –
Moderne und vernetzte Register hochziehen

Fachforum 18: Mittwoch, 26. April, 13:30-15:00 Uhr

Moderation: Christoph Harnoth, Nationaler SDG-Koordinator im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI)

Impuls: Dr. Brigitte Klamroth, Amt für IT und Digitalisierung Senat der Freien und Hansestadt Hamburg

  • Janos Standt, Bereichsleitung Public Sector, mgm
  • Simon Sebastian Hunt, Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT)
  • Stefan Rauner, General Portfolio Manager/Prokurist, Governikus
  • Faruk Tuncer, CEO und Gründer, Polyteia

 

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