Hackathon zur Digitalisierung des Steuerrechts fand mit mgm-Beteiligung statt

Im November 2023 fand der zweite Hackathon des Zentrums für Digitalisierung des Steuerrechts der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMUDigiTax) statt. Dieser erfolgte in Zusammenarbeit mit der Professur für Legal Tech der Technischen Universität München (TUM) und des Bundesfinanzministeriums (BMF). Thema der Veranstaltung waren „Digitaltaugliche Steuergesetze am Beispiel der Sonderabschreibung Wärmepumpe“. Hierzu erstellte Capgemini federführend in Zusammenarbeit mit mgm einen Entwurf einer vollzugsorientierten Norm zur Sonderabschreibung von Wärmepumpen. Dieser wurde wiederum von mgm federführend in Zusammenarbeit mit Capgemini unter Einsatz der Enterprise Low Code-Plattform A12 technisch umgesetzt.

Kurz & knapp

  • Entwurf einer vollzugsorientierten Norm zur Sonderabschreibung von Wärmepumpen.
  • Die Erstellung der Norm erfolgte federführend durch Capgemini, die technische Umsetzung wurde federführend von mgm auf Basis der Enterprise Low Code-Plattform A12 vorgenommen.

Zur Vorbereitung auf den zweiten Hackathon des LMUDigiTax erhielten alle der vier teilnehmenden Projektteams eine konkrete Aufgabenstellung. Ziel der Aufgabe war es, eine Norm zur Sonderabschreibung von Wärmepumpen zu entwerfen – bestenfalls inklusive einer digitaltauglichen Lösung. Hierzu erstellten mgm und Capgemini gemeinschaftlich einen Entwurf einer vollzugsorientierten Norm zur Sonderabschreibung von Wärmepumpen. Dabei wurde die initiale Erstellung der Norm durch Capgemini vorgenommen, die als Grundlage für die Modellierung diente. Die initiale technische Umsetzung erfolgte mithilfe der Enterprise Low Code-Plattform A12 durch mgm. Durch ein kooperatives Sparring zwischen mgm und Capgemini erfuhr die technische Umsetzung weitere Anpassungen, sodass im Ergebnis die technische Umsetzung die erstellte Norm abbildete.

Die Erstellung der Norm

Vor Ausarbeitung der umzusetzenden Norm, erfolgte die Einordnung in den Normenkontext des Einkommensteuergesetzes (EStG). Hierzu wurden die Normen der §§ 7 ff. EStG analysiert, damit die zu erstellende Norm folgerichtig in den Kontext der Regelungen zur Absetzung für Abnutzung (AfA)/Abschreibung gesetzt werden konnte. Daraus resultierte die Regelung, dass ausschließlich § 7 Absatz 1 EStG neben der zu erstellenden Norm einschlägig sein durfte. Damit die Norm auch für die technische Umsetzung leicht verständlich ist, erfolgte die Einteilung in fünf Absätzen. Im ersten Absatz wird die Systematik der Norm beschrieben. Im zweiten Absatz sind die personellen, im dritten Absatz die sachlichen Voraussetzungen definiert. Der vierte Absatz regelt die Berechnung der Sonderabschreibung. Im fünften Absatz sind dann die formellen Voraussetzungen, wie Nachweispflichten des Steuerpflichtigen geregelt, die für eine Geltendmachung der Sonderabschreibung erfüllt sein müssen.

Bei der Norm-Erstellung sind technisch ausgerichtete Ansätze herangezogen worden, um die Norm für die softwareseitige algorithmische Verarbeitung zu strukturieren. Mit dem Ziel eindeutige Bedingungen (Tatbestandsvoraussetzungen) sowie Validierungen und Berechnungen (Rechtsfolgen) festzulegen, die in einer geordneten Weise formuliert sind. Insbesondere wurden „Wenn-Dann-Anweisungen“ verwendet, die die logische Struktur des Normtextes in eine Form bringen, damit sie für die algorithmische Verarbeitung zugänglich ist.

Die technische Umsetzung mit Low Code

Grundlage für die Modellierung des Daten- und Formmodells war der erste Entwurf der Norm. Der Formalisierungsprozess erfolgte unter Einsatz der Enterprise Low Code-Plattform A12. Diese gibt Fachexperten die Möglichkeit, (steuer)fachliche Inhalte im Rahmen von modellbasierter Softwareentwicklung unter Einsatz einer Domain Specific Language (DSL) direkt in Software umzusetzen. Grundlage hierfür ist der modellbasierte Entwicklungsansatz, mit dem die Trennung von Technik und Fachlichkeit einhergeht. Bei der Finanzverwaltung wird A12 insbesondere im KONSENS Fachverfahren ELSTER eingesetzt.

Für die technische Umsetzung kamen vier Modelarten der A12 Modellierungsplattform zum Einsatz:

  • Dokumenten-Modell: Es enthält verschiedene Feldtypen sowie Validierungs- und Berechnungsregeln in unterschiedlicher Komplexität. Diese sind zur Gliederung und besseren Übersicht in einer Gruppenhierarchie abgebildet.
  • Formular-Modell: Hier werden die Strukturen und Inhalte der Benutzeroberflächen definiert. Formulare bestehen aus allgemeinen UI-Elementen wie Eingabefeldern, Schaltflächen, Beschriftungen, Kontrollkästchen, etc. Die Modellierungswerkzeuge bieten leistungsfähige Möglichkeiten, die Elemente zu organisieren.
  • Overview-Modell: Es ermöglicht die tabellarische Darstellung von mehreren Einträgen der Prüfung für die Sonderabschreibung in einer Übersicht. Aus dieser können vorhandene Einträge ausgewählt und geöffnet sowie neue Einträge erstellt werden.
  • App-Modell: Das Modell definiert den Rahmen der Anwendung und fungiert als Container-Modell für die zuvor genannten Modelle.

Hinzu kommt das A12 Modellierungswerkzeug, der Simple Model Editor (SME). Dieser erlaubt die Erstellung und Modellierung der genannten Modelle.

Die Funktionen der Anwendung

Die Anwendung kann anhand der Angaben erkennen, ob die Voraussetzungen für die Sonderabschreibung erfüllt sind. Falls diese nicht erfüllt werden, wird aufgeführt, welche Punkte ausschlaggebend für die Ablehnung waren. Falls die Voraussetzungen erfüllt sind, berechnet die Anwendung wie hoch die Sonderabschreibung ausfällt und teilt diese (sofern zutreffend) auf mehrere Beteiligte auf.

Zudem kann die Anwendung in Sonderfällen, wie etwa bei Zufluss von Entwicklungsfördermitteln, eine genaue Aufteilung dieser auf die Beteiligten – in Abhängigkeit der jeweiligen Beteiligungshöhen – vornehmen und eine dadurch reduzierte Sonderabschreibung in einer übersichtlichen Tabelle ausgeben. Neben der Ausgabe der Sonderabschreibung kann die lineare jährliche AfA ausgegeben, bei unterjähriger Anschaffung auf die Restmonate des Jahres reduziert sowie Beginn und Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 10 Jahren (vgl. § 82a Abs. 1 Nr. 2 EStDV) individuell in Abhängigkeit vom Anschaffungszeitpunkt wiedergeben werden.

Erfolgsfaktor Zusammenarbeit

Nach Fertigstellung der Modelle diskutierte das Projektteam in gemeinsamen Review-Prozessen Unklarheiten und Regelungslücken des Entwurfs sowie der Modelle. Dabei wurden beide fortlaufend angepasst und die technische Umsetzung durch weitere Modelle ergänzt. Dieser iterative Prozess ermöglichte eine stetige Weiterentwicklung der Norm und der Modelle und gewährleistete zugleich, dass die Formulierung so gestaltet werden konnte, dass diese für Modellierer (und auch Programmierer) klar verständlich ist.

Die aus diesem Gesamtprozess gewonnenen Erkenntnisse unterstreichen die Erfahrungen in der individuellen Softwareentwicklung, dass Fachexperten und technische Umsetzer kollaborativ zusammenarbeiten sollten, um (Steuer)Fachlichkeit folgerichtig in Software umzusetzen.

Die Veranstalter des Hackathons arbeiten an einer Analyse der Arbeitserkenntnisse aller teilnehmenden Teams. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse wird in Kürze erwartet.

Das Projektteam

  • Franz Halimi, Business Analyst bei Capgemini verantwortete die Erstellung des Normentwurfs.
  • Kolja Klein, Business Analyst und Modellierer bei mgm verantwortete die Modellierung mit A12.
  • Uli Weber, Tax Lead im Bereich Public Finance bei Capgemini stand als Sparringspartner zur Verfügung.
  • Janos Standt, Leiter Public Sector bei mgm stand als Sparringspartner zur Verfügung.


Weiterführende Informationen: