Kurz & Knapp
- Digitalisierung erfordert IT-Wissen und Lernbereitschaft auf allen Seiten.
- Low Code-Entwicklungs-Plattformen ermöglichen Produktentwicklung in den Fachbereichen – gerade in der Industrieversicherung.
- In drei bis fünf Jahren sind neue Arbeitsweisen etabliert.
Mit der Digitalisierung in der Versicherungsbranche wird es auch ein Update von Berufen geben. So müssen in Zukunft Underwriter bei Versicherern und Kunden-/Fachbetreuer bei Maklern mehr IT-Kenntnisse mitbringen als dies in der Vergangenheit der Fall war. Damit sie dennoch effizient und erfolgreich arbeiten können, sind Low-Code-Lösungen eine mögliche Antwort. Mit ihnen können Versicherungsexperten auch ohne tiefere Programmierkenntnisse digitale Produkte und Prozesse individuell anpassen.
Versicherungsexperten bei Maklern und Versicherern müssen künftig nicht unbedingt Kenntnisse in User-Interface-Design, Minimum Viable Product (MVP) oder Scrum mitbringen oder entwickeln, um ihren Job gut machen zu können. Denn ein hilfreicher Faktor für erfolgreiches Arbeiten kann eine Software sein, die auch von Nicht-IT-Experten bedient und darüber hinaus weiterentwickelt werden kann. Einzige Voraussetzungen: ein gewisser initialer Schulungsaufwand sowie vor allem die Bereitschaft, sich in diesen Bereichen weiterzuentwickeln.
Das Zauberwort: Low Code
Genau diesen Ansatz verfolgen Low Code-Plattformen, mit deren Hilfe ohne Kenntnisse von Softwareentwicklung und Programmiersprachen individuelle Produkte und Prozesse abbildbar sind. Verschiedene Aspekte rund um ein digitales Versicherungsprodukt können so von Kunden- oder Fachbetreuer über Rechenregeln, Tarife, logische Regeln für die Ein- und Ausgabe von Risikofragen oder die Dokumentation am Bildschirm selbst gebaut und verändert werden.
Die Oberfläche dafür ist – stark vereinfacht – eine Mischung aus Text-/Bildbearbeitung und Excel-Konfigurator, in der mit Werkzeugen und jeweils passenden fertigen Modulen gewünschte Produkte und Prozesse zusammengeklickt, definiert und konfiguriert werden. Die einzelnen Optionen entsprechen im Hintergrund “echten” Programmcode, der automatisch funktional verbunden und geprüft wird.
Schnelle Kundenorientierung
Auch und gerade im Industrieversicherungsgeschäft ermöglicht es dieses Vorgehen, wesentlich schneller auf Anforderungen des Markts reagieren und können und den Kunden innovative Lösungen anzubieten. Es funktioniert effizienter als in bisherigen Methoden, bei denen üblicherweise Fachbereiche mit langen Anforderungsspezifikationen die interne IT und/oder Dienstleistern briefen, die IT dann über Wochen und Monate etwas entwickelt – das die Fachbereiche in der Testphase möglicherweise wieder zurückweisen. Mit anderen Worten: Hier geht bisher viel Zeit verloren.
Prognose: Low Code-Plattformen in drei bis fünf Jahren etabliert
Underwriter und Fachbetreuer gestalten selbst ihre digitalen Produkte und Prozesse – das erfordert Umdenken auf beiden Seiten. IT-Mitarbeiter müssen akzeptieren, dass es auch außerhalb ihres Bereichs Kolleginnen und Kollegen gibt, die IT administrieren können. Auf der anderen Seite müssen die Versicherungsexperten anfangen, in Systemprozessen zu denken, sich von seinen heutigen Aufgaben zu lösen und neue Aufgabenfelder hinzuzugewinnen. Bis diese Art zu denken und zu arbeiten Standard ist und in der Industrieversicherung solche Prozesse wirklich in der Wertschöpfungskette etabliert sind, werden wohl noch drei bis fünf Jahre vergehen.
Weiterentwicklung der Plattform
Sind Low-Code-Plattformen also die Lösung aller IT-Fragen der Versicherungsmakler der Zukunft? Machen sie gar teilweise die IT-Abteilung überflüssig? Wohl kaum. Low-Code-Plattfomen funktionieren dann gut, wenn sie die Anpassbarkeit in einem vorher klar definierten Rahmen erlauben – und auch nicht mehr. Die Ausrichtung auf einfache Bedienbarkeit geht dann auf Kosten der Flexibilität, weil die Plattform manche Dinge nicht direkt und so einfach darstellen kann. Spätestens an dieser Stelle kommen wieder die IT-ler ins Spiel. Diese müssen dann zusammen mit den Versicherungsexperten aus der Praxis heraus Änderungen an der Plattform vorantreiben. Das ist ein sehr evolutionärer Prozess.
Da gleichzeitig Produkte und Prozesse digitalisiert und (teil-) automatisch gemanagt sind, also schnell auf Trends und Kundenwünsche reagiert werden kann, sind solche Weiterentwicklungen der Plattform im Hintergrund nicht business-entscheidend. Denn auch für diese sind keine monatelangen Entwicklungsphasen mit ungewissem Ausgang notwendig: Der modulare Aufbau der Plattform selbst ermöglicht schnelle Änderungen.
Fazit
Die Anforderungen an die Berufsbilder in der zukünftigen Industrieversicherungsbranche steigen. Über das Fachliche hinaus müssen sie künftig auch profunde IT-Kenntnisse mitbringen, um adäquat auf Anforderungen des Markts zu reagieren. Low-Code-Plattformen können eine mögliche Antwort sein und müssen selbst im Team weiterentwickelt werden.
Dieser Beitrag ist im Rahmen einer gemeinsamem Partnerschaft von mgm und dem Versicherungsmakler Gossler, Gobert & Wolters Gruppe (GGW) aus Hamburg entstanden.