Jira und Confluence: Mehr als nur Projektmanagement und Enterprise-Wiki

Jira ist als Anwendung für das Arbeiten in Projekten – meist Softwareentwicklungs- oder anderen IT-Projekten – bekannt. Die Verwaltung von Fehlern, der Problembehandlung und des operativen Projektmanagements sind die weitverbreiteten Einsatzszenarien für Jira. Confluence wiederum ist das von Atlassian bereitgestellte Enterprise-Wiki. Es wird daher sehr häufig parallel zu Jira eingesetzt und für die notwendige Dokumentation und Kommunikation von Wissen sowie den Wissensaustausch in Unternehmen und Organisationen verwendet. Gerade für Jira gilt jedoch, dass verschiedene weitere Einsatzszenarien existieren, die den Einsatz von Jira und die dazu notwendige Investition noch interessanter machen.

Alternative Einsatzszenarien für Jira

Jira ist in erster Linie ein Werkzeug, welches das Management von Issues (Angelegenheiten) ermöglicht. Diese Angelegenheiten, die mit Attributen beschrieben und in einem Workflow verwaltet werden, sind die Kernentitäten und die Kernfunktionen von Jira. Warum sollte es angesichts dieser Funktionalitäten nicht möglich sein, Jira zur Verwaltung aller erdenklichen Angelegenheiten zu verwenden? Schließlich kann jede Aufgabe, jede Tätigkeit etc. eine Angelegenheit sein. Sogar Kontakte und andere Daten können als Angelegenheit verstanden werden.

Entsprechend dieses Verständnisses kann alles, was mit Attributen beschrieben werden kann und einem Workflow folgt – also unterschiedliche Stadien durchläuft –, eine Issue sein. In der Version Service Desk zeigt Jira bereits selbst, dass auch eine Supportanfrage eine Issue ist.

Daher möchte ich in diesem Artikel einige Einsatzszenarien vorstellen, die Jira in projektfernen Themenbereichen zeigen. Diese Beispiele umfassen folgende Arbeitsfelder:

  • Jira als Verwaltung von Kontakten in der Akquise
  • Verwaltung von Aufgaben im Front- und Backoffice (FBO)
    • Beantragung von Reisen
    • Verwaltung der Kunden- und Projektdaten für die Buchhaltung
    • Bestellung von Büroausstattung
  • Jira Service Desk für HR-Prozesse

Hierbei handelt es sich nur um einige Anwendungsbeispiele. Neben diesen existieren selbstverständlich noch zahlreiche weitere Einsatzszenarien.

Verwaltung von Kontakten und Kontaktdaten

In den Issues werden die Daten zu Firmen und den dortigen Ansprechpartnern verwaltet. Dies erfolgt überwiegend in Custom-Fields, mittels gesondertem Workflow und geeignetem Status. Die Vorteile dieser Herangehensweise sind:

  • Der aktuelle Status ist jederzeit bekannt.
  • Alle Informationen befinden sich an einem Ort.
  • Ein Reporting ist einfach möglich.

Dieses Einsatzszenario ließe sich mit dem Einsatz eines geeigneten Plugins noch deutlich besser unterstützen. Das Thema Plugin werde ich in Kürze in einem weiteren Artikel beleuchten.

Jira-Issue für Kontaktdaten

Aufgaben in der Verwaltung (FBO)

In der Verwaltung von Organisationen, Firmen etc. fallen eine schier unendliche Zahl von Aufgaben an, die nicht nur von einer Person abgearbeitet werden können, deren Status festgehalten werden muss, die detailliert beschrieben werden müssen, die gegebenenfalls einer Genehmigung bzw. Freigabe unterliegen usw. Derartige Aufgaben können hervorragend mit Jira gesteuert werden. Der Status ist immer transparent. Zudem kann die Aufgabe mit unterschiedlichen angepassten Attributen passgenau beschrieben werden. Außerdem ist es problemlos möglich, eine Vertretung zu organisieren. Darüber hinaus können weitere abhängige Aufgaben automatisiert erzeugt und gemeinsam verwaltet werden.

Die Workflows (Statusabfolgen) können einfach gehalten, aber an den jeweiligen Aufgabentyp angepasst werden. Die automatisierte Erzeugung von weiteren abhängigen, dazugehörigen Aufgaben kann auch zu definierten Events, meist Statuswechseln, erfolgen. So führt dann beispielsweise die über ein Ticket angefragte Anlage eines neuen Kunden in der Buchhaltung zur Erzeugung einer Vielzahl weiterer Tickets. Auf diese Weise können anschließend die Einzelaufgaben in anderen Teams relativ unabhängig vom Hauptticket gesteuert werden. Falls dies notwendig ist, können und werden die Abhängigkeiten dennoch dargestellt und eingehalten.

Jira Service Desk im HR-Bereich

Ein weiteres Beispiel für eine alternative Nutzung von Jira ist die Steuerung der Aufgaben im HR-Bereich. Gerade in diesem Arbeitsbereich ist die automatisierte Erzeugung weiterer (Unter-) Aufgaben ein besonders wichtiger Aspekt. Solche Untertickets können beispielsweise sein:

  • Return of Keys
  • Deactivate Oceans Account
  • Letter of Agreement
  • Return of Hardware
  • Return of Mobile Phone

Allein anhand der Namen ist den Tickets anzusehen, dass sie unter Umständen von völlig unterschiedlichen Teams erledigt werden. Zudem ist leicht ersichtlich, dass gewisse Details aus dem Hauptticket nicht von jedem Team eingesehen werden dürfen. Auch diese Anforderung ist mit Jira einfach umzusetzen.

Alternative Einsatzszenarien für Confluence

Wie für Jira gilt auch für Confluence, dass sehr viele Einsatzszenarien existieren, die einem Anwender eventuell nicht direkt in den Sinn kommen. Dies liegt u.a. daran, dass Confluence häufig „unterschätzt“ wird. Dabei stellen Confluence und die meist notwendigen Plugins eine ganze Reihe an interessanten Funktionen bereit, die meist jedoch weniger bekannt sind. Fest steht: Confluence ist definitiv mehr als nur ein Wiki. Die gemeinsame Erstellung von Dokumenten und die darauf basierende Veröffentlichung ist sicherlich ein solches Beispiel. Darüber hinaus bringt Confluence viele Funktionalitäten mit, die es für den Einsatz als umfassendes Firmenintranet als sehr geeignet erscheinen lassen.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit ist die Erstellung von Bedienungsanleitungen und Handbüchern, die in Confluence relativ elegant mehrsprachig, in Varianten und verschiedenen Versionen und mit „verschiedenen Branches“ von Versionen verwaltet werden können. Auch Review- und Freigabeprozesse für ganze Dokumente, einzelne Kapitel oder Seiten sind realisierbar.

Sogar das Erstellen einer Unternehmenswebsite ist mit Confluence möglich. Das Layout ist mit einem Theme-Plugin beliebig gestaltbar, Inhalte sind einfach zu erfassen und anonym zugreifbar zu machen. Auch interne und/oder Kundenbereiche sind realisierbar – mit Login-Funktion an beliebiger Position usw.

Startseite eines Confluence-Bereichs für das Wissensmanagement bzgl. der Entwicklung hochkomplexer Automobilfunktionen

So sind beispielsweise zwei Spaces möglich: Ein interner Space dient der Vorbereitung der Inhalte für die Webseite. Nach der Freigabe erfolgt dann die Publikation auf den externen Space, der auch für anonyme Nutzer zugreifbar ist.

Integration von Jira und Confluence

Eine intensive Integration von Jira und Confluence in eine (vorhandene) Systemlandschaft steigert die Verwendbarkeit der Tools immens. Insbesondere die folgenden Integrationsszenarien werden häufig umgesetzt:

  • Integration mit anderen Tickettools
  • Integration mit SAP oder ähnlichen (ERP-)Systemen
  • Integration mit beliebigen Systemen, die dann meist als Datenquellen zur Anreicherung der Informationen in Jira und Confluence dienen und damit für die Ticketbearbeitung interessante Informationen bieten

Die Integration mit Active Directory und anderen Authentisierungssystemen ist natürlich ebenfalls ein wichtiger Aspekt bei der Steigerung der Verwendungsfähigkeit. Darüber hinaus sind natürlich weitere Verbindungen zu beliebigen Systemen denkbar.

Technisch stehen zwei Möglichkeiten der Realisierung dieser Verlinkung im Vordergrund:

  • Direkter Aufruf der Jira-Rest-API aus dem zu verbindenden System (Nachbarsystem)
  • Verknüpfung über eine Jira-/Confluence-App (Es sollte immer geprüft werden, ob passende Plugins vorhanden sind.)

Schnittstelle zwischen ERP und Jira

Die Integration muss den Anforderungen entsprechend gestaltet werden. Daraus ergibt sich in der Regel entweder eine eher lose oder eine engere Kopplung. Vorstellbar ist zum Beispiel, dass aus dem Nachbarsystem heraus bei bestimmten Situationen Aufgaben bzw. Aufgabenstrukturen in Jira erzeugt werden. Der aktuelle Status sowie die Ergebnisse werden anschließend fortlaufend synchronisiert. So könnten bei der Anlage eines Auftrags oder ähnlichem im Nachbarsystem die dazugehörigen Aufgaben für die Abarbeitung in Jira angelegt werden. Daten und Ergebnisse aus Jira werden wiederum im Laufe des Workflows in das Nachbarsystem für Controlling, Rechnungsstellung etc. übergeben.

Aus dem ERP heraus werden Tickets erzeugt

Eine engere Kopplung ist ein Ansatz, der Jira als eine Quasi-Workflow-Steuerung einsetzt. Dies bedeutet, dass zu bestimmten Events (Statuswechsel etc.) aus Jira heraus Aktionen im Nachbarsystem gestartet werden. Die Idee dahinter ist, dass der Ablauf in Jira verwaltet und verfolgt wird. Dort ist der aktuelle Status einzusehen und der nächste Bearbeitungsschritt wird aufgezeigt.

Jira als Workflow-Engine eines ERP-Tools

Zusammenfassung

Die Beispiele in diesem Artikel haben gezeigt, dass es neben den klassischen Einsatzszenarien für Atlassian-Tools in der Steuerung von Projekten viele weitere Anwendungsfälle gibt. Jira verwaltet Issues, also Angelegenheiten – und eigentlich ist ja alles eine Angelegenheit. In Confluence werden hingegen Inhalte in Strukturen von Seiten verwaltet. Der Begriff „Inhalte“ ist in diesem Kontext jedoch ebenfalls mehrdeutig zu verstehen, sodass auch Confluence vielfältig eingesetzt werden kann. Angesichts dieser erweiterten Einsatzszenarien erscheint die Investition in die Einführung der Tools noch lohnenswerter.

Für die meisten der geschilderten Anwendungsfälle ist der Einsatz von Apps erforderlich. Welche App und wie viele Plugins notwendig sind, ist aber für jeden Einzelfall individuell zu prüfen. Zentrale Entscheidungskriterien sind vor allem die Funktionalitäten der AddOns. Diese entscheiden darüber, ob ein AddOn hilfreich ist oder nicht. Zudem muss im Vorfeld genau analysiert werden, ob der Einsatz eines AddOns wirklich notwendig ist. Schließlich sind auch diese mit einer Investition verbunden. Gegebenenfalls können die gewünschten Funktionen – zumindest mit Abstrichen – auch ohne AddOn umgesetzt werden.

In einem der nächsten Artikel werde ich daher das Thema Auswahl von Apps genauer untersuchen.