IT-Strategie trifft Business-Ziele Teil 4: Empfehlungen aus der CIO Advisory Praxis

Zuletzt aktualisiert am: 30. Oktober 2025

Willkommen zum vierten und letzten Teil unserer Serie „IT-Strategie trifft Business-Ziele“. In vier aufeinander aufbauenden Artikeln zeigen wir, wie echtes Miteinander von Business & IT in Unternehmen funktionieren kann – und wie Sie davon profitieren.

Teil drei zeigte, dass Co-Creation sich nicht nur auf die Zusammenarbeit auswirkt, sondern auch erheblichen Einfluss auf die technologische Architektur und das Organisationsdesign eines Unternehmens hat. Plattformdenken, modulare Bausteine (APIs), KI und Automatisierung sowie Digital Twins bringen mehr Flexibilität, Innovation sowie Agilität und ermöglichen datenbasierte Steuerung.

Business-IT-Co-Creation ist kein Zustand, den man erreicht – sondern ein Weg, den man konsequent einschlägt und dann kontinuierlich geht. Viele Organisationen wollen schneller, agiler und kundenorientierter werden – bleiben aber in alten Steuerungslogiken und Rollenzuschreibungen stecken. In unserer Beratungspraxis sehen wir immer wieder: Der Unterschied liegt nicht in der Vision, sondern in der Umsetzung.

Fünf Empfehlungen, mit denen Unternehmen Business-IT-Co-Creation konkret gestalten können

1. Starten Sie dort, wo Wert entsteht – an den Produkten

Der einfachste Einstieg in echte Co-Creation: Beginnen Sie auf Produktebene. Stellen Sie cross-funktionale Teams zusammen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen – z. B. ein Kundenportal, eine interne Serviceplattform oder einen datengetriebenen Geschäftsprozess. Sorgen Sie dafür, dass diese Teams End-to-End-Verantwortung tragen – von Konzeption über Umsetzung bis Betrieb.

Praxisbeispiel: Ein Energieversorger stellte für seine Smart-Meter-Plattform ein Team aus IT, Abrechnung, Marketing und Datenanalyse auf – mit wöchentlichem Steering und gemeinsamer OKR-Struktur.

2. Etablieren Sie neue Rollenmodelle

Business-IT-Co-Creation erfordert neue Rollen. Alte Jobtitel wie „Anforderungsmanager“ oder „IT-Koordinator“ sind Relikte einer getrennten Welt. Was es braucht, sind Brückenrollen – z. B.:

  • Product Owner mit fachlichem und technischem Verständnis
  • Business Technology Partner auf Bereichsebene
  • Capability Owner in Plattformteams

Diese Rollen benötigen nicht nur neue Beschreibungen – sondern klare Entscheidungskompetenzen und Budgetverantwortung.

3. Arbeiten Sie mit unterschiedlichen Reifegraden – bewusst

Nicht jede Organisation ist bereit für vollständige Co-Creation. Manche Bereiche profitieren kurzfristig von klassischem Alignment, andere sind bereit für radikale Integration. Entscheidend ist, die Reifegrade sichtbar zu machen und bewusst zu steuern – z. B. durch Reifegradmodelle oder ein IT Operating Model mit Entwicklungsstufen.

Empfehlung: Entwickeln Sie eine Heatmap Ihrer Organisation – wo existiert echtes Co-Creation-Potenzial, wo nicht?

4. Investieren Sie in Kommunikationskompetenz

Co-Creation scheitert selten an Technologie – sondern an Sprache. IT-Teams sprechen in Plattformen, APIs und Sprints, während das Business in Kundenbedürfnissen, Umsätzen und Risiken denkt. Es braucht Formate, in denen beide Seiten lernen, sich gegenseitig zu verstehen – z. B. gemeinsame Design-Thinking-Workshops, Value Proposition Sessions oder Customer-Journey-Analysen.

Tool-Tipp: Nutzen Sie Value-Frameworks (z. B. das „Business Model Canvas“) bewusst als Brücke zwischen Welten.

5. Denken Sie in Wirkungslogiken, nicht in Projektplänen

Projekte starten oft mit Scope, Budget und Meilensteinen – aber selten mit der Frage: Welche Wirkung wollen wir erzeugen? Co-Creation braucht eine neue Denkweise: Output (was tun wir?) ist nicht gleich Outcome (was bewirken wir?). Deshalb sollten CIOs und ihre Teams früh lernen, in Wirkungslogiken zu denken:

  • Was verändert sich für den Kunden?
  • Wie messen wir den geschäftlichen Nutzen?
  • Welche Hypothese wollen wir testen?

Empfehlung: Verankern Sie KPIs, die Wirkung abbilden – z. B. Kundenzufriedenheit, Net Promoter Score, Time-to-Market oder Nutzungsquoten.

Co-Creation ist kein „Big Bang“, sondern ein Prozess. Er beginnt mit Haltung, wird durch Strukturen unterstützt – und zeigt seine Wirkung durch kleine, sichtbare Erfolge. CIOs, die diesen Weg gehen, brauchen Geduld, Klarheit und Mut zur Lücke. Doch sie sind es, die ihre Organisationen zukunftsfähig machen – nicht durch Kontrolle, sondern durch gemeinsames Gestalten.

Fazit: Von der Ausrichtung zur gemeinsamen Verantwortung

„Business-IT-Alignment“ war über viele Jahre ein sinnvolles Zielbild – in einer Zeit, in der IT und Business tatsächlich getrennte Sphären waren. Doch diese Zeit ist vorbei. Heute sind Geschäftsmodelle, Kundenerlebnisse und operative Exzellenz untrennbar mit Technologie verknüpft. IT ist nicht länger unterstützend – sie ist konstitutiver Bestandteil des Geschäfts.

Wer in diesem Umfeld noch auf „Ausrichtung“ setzt, verliert wertvolle Zeit. Was Unternehmen heute brauchen, ist Business-IT-Co-Creation: das gemeinsame Denken, Entscheiden und Handeln über Bereichsgrenzen hinweg. Nicht in Ausnahmeprojekten, sondern im täglichen Betrieb. Nicht als Experiment, sondern als strukturelles Prinzip.

Diese Transformation gelingt nicht durch Methoden allein – sondern durch Führung. Es braucht CIOs und Business-Verantwortliche, die bereit sind, alte Muster zu hinterfragen, neue Rollen zu etablieren und ein gemeinsames Betriebssystem für digitale Wertschöpfung zu schaffen. Die nicht zwischen „Fachseite“ und „IT“ vermitteln – sondern den Raum schaffen, in dem beides verschmilzt.

Co-Creation ist kein Ziel, sondern eine Haltung. Sie beginnt dort, wo Verantwortung geteilt, Wirkung sichtbar gemacht und Silos überwunden werden. Und sie entfaltet dann ihre größte Kraft, wenn sie nicht als „IT-Thema“ betrachtet wird – sondern als Führungsaufgabe auf Vorstandsebene.

Denn in einer digitalen Welt ist nicht die IT das Problem. Sondern die Trennung.

Olaf Terhorst
Olaf Terhorst ist Partner bei mgm consulting partners und verfügt über mehr als 20 Jahre Beratungserfahrung im Bereich CIO Advisory. Er interessiert sich für ein breites Spektrum an Themen rund um Technologie, Führung und nachhaltige Unternehmensentwicklung. Sein Fokus liegt darauf, Organisationen dabei zu unterstützen, IT-Strategien erfolgreich in messbare Geschäftsergebnisse zu übersetzen.