Wenn Unternehmen andere Organisationen übernehmen, steht nicht nur das Finanzielle im Mittelpunkt. Entscheidend für den langfristigen Erfolg solcher Transaktionen ist die Integration der IT – sie sorgt dafür, dass Menschen zusammenarbeiten, Prozesse greifen und Daten fließen.
In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, was im Wesentlichen zu beachten ist, um IT-Carve-ins professionell und vorausschauend umzusetzen, welche typischen Fehler es zu vermeiden gilt – und was wir aus großen Projekten wie z.B. der Integration von innogy in E.ON lernen können.
1. IT-Integration strategisch planen: Warum der Erfolg schon vor Tag 1 beginnt
Ein erfolgreicher Carve-in beginnt lange vor der technischen Umsetzung. IT-Abteilungen müssen frühzeitig in die Transaktion eingebunden werden – spätestens zu Beginn der Due-Diligence-Phase. Nur so können Systemlandschaften rechtzeitig analysiert, Risiken bewertet und Zielbilder entworfen werden. Es empfiehlt sich, ein zentrales IT-Integrationsprogramm aufzusetzen, das klare Rollen und Verantwortlichkeiten definiert. Eine abgestimmte Governance-Struktur – etwa in Form eines Integrations-Boards – sorgt für schnelle Entscheidungen und Transparenz.
2. Systeme nahtlos integrieren: Welche Architekturentscheidungen jetzt zählen
Die zentrale Frage bei jeder IT-Integration lautet: Was bleibt, was geht, was wird zusammengeführt? Eine umfassende Aufnahme der IST-Landschaften, beispielsweise mit Hilfe von gut gepflegten EAM Tools wie ServiceNow oder LeanIX, und ein klares Zielbild der IT-Landschaft nach der Integration verhindern redundante Systeme, Medienbrüche und unnötige Kosten. Besonders bei ERP-, CRM- und HR-Systemen müssen Schnittstellen sauber definiert und Übergangsarchitekturen gestaltet werden – etwa durch temporäre Hybridbetriebe oder TSAs (Transitional Service Agreements). Standardisierung von Prozessen und Technologien schafft langfristig Stabilität.
3. Datenmigration bei IT-Carve-ins: saubere und sichere Übergänge gestalten
Die Übernahme von Daten ist eines der sensibelsten Themen bei IT-Integrationen. Dabei geht es nicht nur um das Kopieren von Inhalten – sondern um Datenqualität, Konsistenz und Zukunftsfähigkeit. Nach einem Signing ist schnell mit dem Verkäufer zu klären, welche Daten übergeben werden und in welcher Form. Dabei dürfen die Anforderungen zur Übergabe historischer Daten nicht vergessen werden. Idealerweise kann der Verkäufer überzeugt werden, die Daten vor Übergabe zu bereinigen und nur notwendige und korrekte Daten zu übergeben. Automatisierte Validierungsprozesse helfen dabei, Fehlerquellen frühzeitig zu erkennen. Besonders bewährt haben sich Near-Zero-Downtime-Ansätze mit parallelem Cutover und umfassenden Testszenarien, die auch den Livebetrieb simulieren.
4. Identitäts- und Berechtigungsmanagement harmonisieren: Sicherheit beginnt mit Zugriffskontrolle
Ein zentrales Identitäts- und Zugriffsmanagement (IAM) ist das Rückgrat jeder sicheren Systemlandschaft. Bei Carve-ins müssen Benutzerkonten konsolidiert, Berechtigungen geprüft und Provisionierung automatisiert werden. Wichtig ist dabei das Prinzip „Least Privilege“ – also nur die nötigsten Rechte für jeden Nutzer. Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA) sowie die Trennung von Admin- und Endnutzerkonten sorgen für zusätzliche Absicherung. Frühzeitige IAM-Konsolidierung verhindert Schatten-IT und Zugriffschaos.
5. Lizenzverträge und Software-Assets sauber überführen: So vermeiden Sie böse Überraschungen
Oft übersehen – aber hochrelevant: Das Lizenzmanagement. Bei Übernahmen müssen bestehende Verträge auf Change-of-Control-Klauseln geprüft und frühzeitig Verhandlungen mit Softwareherstellern geführt werden. Eine vollständige Lizenzinventur schafft Klarheit über notwendige Anpassungen. Übergangslösungen, wie TSAs für Office-, SAP- oder Cloud-Zugänge, verschaffen Luft – sollten aber parallel zur Entwicklung eines nachhaltigen, zentralen Lizenzmodells genutzt werden. Ziel: Compliance und Kostentransparenz.
6. Compliance und IT-Security in der Integration: So stellen Sie regulatorische Sicherheit her
IT-Integrationen müssen nicht nur funktionieren – sie müssen auch rechtlich sauber sein. Datenschutz (z. B. DSGVO), IT-Sicherheitsstandards und branchenspezifische Auflagen sind strikt einzuhalten. Das betrifft insbesondere den Umgang mit personenbezogenen Daten, Zugriffsprotokollierungen, Audit-Trails und Backup-Strategien. Jedes IT-System, jede Migration und jede Berechtigung sollte revisionssicher dokumentiert werden. Frühzeitige Abstimmung mit Compliance-Teams verhindert spätere Haftungsrisiken.
Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Artikel Datenschutz und Compliance bei M&A Deals: Welche Rolle spielt die IT?
7. IT-Integration organisatorisch begleiten: Wie Sie Menschen und Marken zusammenbringen
Technik ist nur die halbe Miete – echte Integration gelingt nur, wenn auch Prozesse, Kommunikationswege und Kultur zusammenwachsen. Dazu gehört die Harmonisierung von E-Mail-Adressen, Login-Screens, Dokumentenportalen und Intranets genauso wie interne Schulungen und Change-Kommunikation. Die neue Organisation muss nicht nur wissen, wie sie künftig arbeitet – sondern sich auch als Teil des neuen Unternehmens verstehen. IT spielt hier eine zentrale Rolle als Träger von Identität und Akzeptanz.
8. Fallstudie E.ON & Innogy: Was wir aus einer der größten IT-Integrationen Europas lernen können
Ein besonders lehrreiches Beispiel für eine gelungene IT-Eingliederung ist die Integration von innogy in E.ON. Nach der Übernahme mussten innerhalb kürzester Zeit über 6.000 Anwendungen aufeinander abgestimmt und rund 34.000 Mitarbeiter:innen in neue IT-Umgebungen überführt werden – darunter zahlreiche SAP-Module und proprietäre Altsysteme. Mit unserer Hilfe wurde unter großem Zeitdruck eine stabile, sichere IT-Landschaft geschaffen. Der Schlüssel: klare Governance, disziplinierte Planung, intensive Tests und konsequente Umsetzung der beschriebenen Best Practices.
Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, empfehlen wir unseren Podcast IT-Transformation bei E.ON – Einblicke in eine der größten Fusionen der Energiebranche
Fazit: Erfolgreiche IT-Carve-ins sind planbar – mit Struktur, Fokus und Erfahrung
Carve-ins sind komplex – aber beherrschbar. Wer IT frühzeitig einbindet, sauber migriert, standardisiert integriert und Sicherheits- sowie Compliance-Themen nicht als Nebensache behandelt, schafft eine stabile Grundlage für Wachstum und Innovation. Unternehmen, die IT als strategischen Treiber begreifen, verwandeln Übernahmen in Wettbewerbsvorteile.
Unser Tipp: Setzen Sie auf erfahrene Begleitung, praxiserprobte Werkzeuge und eine starke interne Steuerung – dann wird aus IT-Integration ein Erfolgskapitel Ihrer Transaktion.
Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, wie wir Ihre IT-Transformation zum Erfolg führen können. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht.