Warum die IT bei Carve-Outs von Anfang an mit am Tisch sitzen muss

In Europa gewinnen Unternehmensabspaltungen (Carve-Outs) wieder an Bedeutung. Viele Konzerne prüfen derzeit die Ausgliederung von Geschäftseinheiten, um sich strategisch zu fokussieren, ihre Kostenstruktur zu optimieren oder liquide Mittel freizusetzen. So entfiel laut FTI Consulting im 3. Quartal 2024 erstmals seit Jahren rund 18,2 % des europäischen Transaktionsvolumens auf Carve-Outs – ein historischer Spitzenwert.

Auch Beratungen wie PwC beobachten, dass weltweit immer mehr Großunternehmen ihre Portfolios durch Abspaltungen „verschlanken“. Zudem erhöhen Aktivisten und Finanzinvestoren den Druck: Sie fordern gezielt Spin-Offs von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Einheiten. Beispiele wie der Verkauf von Siemens Energy’s „Trench“-Sparte zeigen: Der Druck von Investoren wächst, nicht zum Kerngeschäft gehörende Einheiten auszugliedern. Der europäische Carve-Out-Markt ist so aktiv wie seit Jahren nicht.

Warum die IT von Anfang an involviert sein muss

Die IT ist in einem Carve-Out-Projekt strategisch zentral, weil im Grunde jede Geschäftsprozesserfüllung auf IT-Infrastruktur und Anwendungen aufsetzt. Nur wenn die IT-Abteilung von Anfang an mit am Tisch sitzt, können spätere Fallstricke vermieden werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass ein IT-Carve-Out wegen seiner Komplexität besonders sorgfältige Planung erfordert. IT-Spezialist:innen müssen frühzeitig Systemlandschaften durchdringen, Verantwortlichkeiten klären und Abhängigkeiten aufdecken. So verhindert man, dass wichtige Systeme im letzten Moment ungetrennt bleiben oder, dass benötigte Anwendungen plötzlich wegfallen. Frühzeitige IT-Einbindung sichert auch Betriebskontinuität und Compliance: Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen können von Anfang an adressiert und Risiken minimiert werden, statt sie erst unter Zeitdruck zu korrigieren. Kurz gesagt: Ein nahtloser Carve-Out gelingt nur, wenn IT-Abteilung, Fachbereiche und Deal-Team gemeinsam an der Planung arbeiten.

Welche Vorteile Unternehmen durch frühzeitige IT-Einbindung haben

Die strukturierte, frühzeitige Einbindung der IT in Carve-Out-Projekte bringt für Unternehmen zahlreiche messbare Vorteile mit sich:

  • Schnellere Projektabwicklung: Durch klar definierte Rollen, Zeitpläne und technische Anforderungen kann der gesamte Carve-Out-Zyklus – von der Initialisierung bis zum Cutover – deutlich effizienter abgewickelt werden. Unternehmen reduzieren dadurch die Zeit, in der sie auf kostspielige Übergangslösungen (TSA) angewiesen sind.
  • Kostenkontrolle und Budgettreue: Eine saubere IT-Planung hilft, versteckte Aufwände frühzeitig zu identifizieren und ein realistisches Budget zu erstellen. So vermeiden Unternehmen teure Nachbesserungen im späteren Projektverlauf.
  • Reibungsloser Geschäftsbetrieb: Wenn IT-Systeme, Daten und Schnittstellen gezielt migriert werden, können Prozesse im Zielunternehmen ohne Unterbrechung fortgeführt werden. Der Geschäftsbetrieb bleibt stabil, Kundenbeziehungen und Lieferketten funktionieren nahtlos weiter.
  • Wettbewerbsvorteil durch schnelle Integration: Nach einem Carve-Out muss das neue Unternehmen sich schnell am Markt behaupten. Wer IT-Infrastrukturen frühzeitig vorbereitet, ermöglicht eine schnellere Integration in die IT-Landschaft des Käufers – ein wichtiger Faktor für Synergieeffekte und Time-to-Market.
  • Rechtliche und regulatorische Sicherheit: Frühzeitige Einbindung der IT erlaubt es, alle Compliance-, Datenschutz- und Lizenzanforderungen lückenlos zu berücksichtigen – ein essenzieller Punkt in stark regulierten Branchen.
  • Erhöhte Akzeptanz bei Stakeholdern: Ein gut organisierter Carve-Out strahlt Kompetenz aus – intern wie extern. Investoren, Kunden und Mitarbeitende erkennen, dass der Übergang professionell gemanagt wurde, was das Vertrauen in das neue Unternehmen stärkt.

Durch diese Vorteile zeigt sich: IT ist kein bloßer Unterstützungsfaktor, sondern ein integraler Bestandteil des strategischen Erfolgs bei Unternehmensabspaltungen. Unternehmen, die diesen Hebel frühzeitig nutzen, verschaffen sich einen klaren Vorsprung in Planung, Umsetzung und operativer Exzellenz.

Ablauf des IT-Carve-Out-Prozesses

In den von uns begleiteten IT-Carve-Outs gehen wir typischerweise in vier Phasen vor: Due Diligence, Day1 Vorbereitung and TSA Verhandlung, Transition und TSA Ausführung sowie Projektabschluss (Closure). Jede Phase beinhaltet konkrete Schritte – im Folgenden in Kurzform:

  1. Due Diligence: Aufbau der Projektorganisation und Kickoff-Meeting. Dabei werden Team, Ziele, Umfang und Zeitplan definiert sowie zentrale Rollen und Verantwortlichkeiten festgelegt. Bereits in dieser frühen Phase unterstützt die IT aktiv die Due Diligence, indem sie Informationen zu Systemlandschaften, Anwendungen und potenziellen Risiken liefert. IT- und Fachbereichsverantwortliche stimmen gemeinsam Zielbild und Meilensteine ab, bevor die operative Arbeit startet.
  2. Day1 Vorbereitung und TSA Verhandlung: Entwicklung eines detaillierten Separations- und Übergangskonzepts. In dieser Phase werden alle zu trennenden Systeme, Anwendungen und Daten identifiziert. Es erfolgt eine Ist-Analyse der aktuellen IT-Landschaft und eine Definition des Soll-Zustands für die eigenständige Einheit. Anschließend beginnt die Separation: Technisch werden IT-Komponenten physisch und logisch abgetrennt. Dazu gehören etwa logische Trennung (Daten und Zugriffsrechte abgrenzen) und physische Trennung (Server, Netzwerke, Rechenzentren neu zuordnen). Parallel läuft das Rebranding, bei dem Benutzeroberflächen, Kennzeichen und Referenzen an das neue Unternehmen angepasst werden.
  3. Transition und TSA Ausführung: Durchführung des Go-Live. Die separierte Einheit wird in ihre eigene IT-Umgebung überführt. Durchführung des Go-Live zum sogenannten Day 1, dem Zeitpunkt des rechtlichen Übergangs gemäß dem Sale and Purchase Agreement (SPA). In dieser Phase wird die separierte Einheit technisch in ihre eigene IT-Umgebung überführt. Dabei werden IT-Systeme, Anwendungen und Daten migriert und umfassend getestet. Es wird geprüft, dass alle Prozesse nahtlos weiterlaufen. Funktionale Tests und Stabilitätsprüfungen sorgen dafür, dass die neue Infrastruktur einsatzbereit ist. Ziel ist ein reibungsloser Übergang ohne Betriebsunterbrechungen.
  4. Projektabschluss (Closure): Endgültiges Zusammenführen aller Restaufgaben. Dies umfasst finanzielle und vertragliche Abschlüsse, letzte Systemabnahmen und die Übergabe in den Regelbetrieb. Das Projektteam dokumentiert Lessons Learned und stellt eine stabile Betriebsorganisation sicher. Am Ende dieser Phase sollten alle IT-Verbindungen zum Mutterkonzern entfernt sein und das neue Unternehmen selbstständig operieren können.

Jede dieser Phasen folgt einer klaren Struktur, um Komplexität beherrschbar zu machen. Durch diese systematische Vorgehensweise lassen sich Risiken minimieren und die operative Kontinuität gewährleisten.

Typische Risiken bei zu später IT-Einbindung

Wird die IT im Carve-Out zu spät berücksichtigt, steigen die Risiken erheblich. Zu den häufigsten Problemen gehören:

  • Day1 Verzögerungen: Die Sicherstellung der Business Continuity sowie der Compliance Anforderung (GDPR, Lizenzrecht, etc.) zu einem Day1 Stichtag erfordern in der Regel eine mehrmonatige Vorbereitung in der IT. Ein nicht mit der IT abgestimmter M&A Zeitplan kann für die IT-Umsetzung zu ambitioniert sein und eine Verschiebung des Closing droht.
  • Unvollständige Trennung: Bleiben IT-Systeme oder Daten mit dem Mutterkonzern verbunden, kann der Carve-Out gar nicht komplett durchgeführt werden. Geschäftsprozesse hängen dann ungewollt weiter zusammen. Beispielsweise kann eine mangelhafte Datenmigration dazu führen, dass Informationen verloren gehen oder falsche Systemzustände entstehen.
  • IT-Service-Desintegration: Fehlende Planung kann zum Ausfall von Diensten führen. Fällt etwa das ERP-System oder Kommunikationsnetzwerk auseinander, stocken Abläufe. Ohne durchgehende Konzepte kann es zu erheblichen Downtimes kommen, die Umsätze und Reputation kosten.
  • Sicherheits- und Compliance-Risiken: Übergangsphasen öffnen oft neue Angriffsflächen. Unzureichend gesicherte Datenmigrationen oder Schnittstellen können Datenschutzverstöße oder Sicherheitslücken verursachen. Werden etwa Zugriffsrechte nicht korrekt angepasst, laufen sensible Informationen weiter durch das falsche System.
  • Kosten- und Zeitüberschreitungen: Reparaturarbeiten „on-the-fly“ treiben die Projektkosten in die Höhe. Unerwartete Schwierigkeiten – sei es bei Datenkonvertierung oder beim Schließen von Sicherheitslücken – führen zu Verzögerungen und Budgetüberschreitungen. Oft müssen dann langwierige Übergangs-Services (TSAs) verlängert werden, was aufwendig und teuer ist.
  • Vertrauensverlust bei Stakeholdern: Wenn IT-Probleme passieren, leidet das Vertrauen von Investoren, Behörden und Mitarbeitern. Ein verspäteter IT-Start erhöht auch das Risiko von Management-Friktionen und möglichen rechtlichen Konflikten.

Nur eine frühzeitige, strukturierte Vorgehensweise macht diese Risiken beherrschbar. Ohne IT-Team im Boot läuft ein Carve-Out-Projekt Gefahr, dass essenzielle Aspekte übersehen werden und das gesamte Vorhaben ins Stocken gerät.

Fazit: IT entscheidet über den Erfolg eines Carve-Outs

Carve-Outs gehören aktuell zu den dynamischsten Entwicklungen im europäischen M&A-Markt – und sie sind komplexer, als viele denken. Wer dabei die IT-Abteilung erst spät einbindet, riskiert Verzögerungen, Compliance-Probleme und operative Ausfälle. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer strukturierten, frühzeitigen Einbindung der IT – von der Planung über die Separation bis zum Go-Live.

Die Erfahrung zeigt: Unternehmen, die IT als strategischen Partner im Carve-Out-Prozess begreifen, profitieren von reibungslosen Übergängen, stabilen Systemen und nachhaltig erfolgreicher Abspaltung. Unser methodischer Ansatz bietet dafür das passende Fundament – praxiserprobt, durchdacht und konsequent an den Anforderungen moderner Unternehmensabspaltungen ausgerichtet.

Warum die mgm consulting partners der richtige Partner für IT-Carve-Outs und M&A-Beratung sind

Wir verbinden tiefgehende IT-Expertise mit fundiertem M&A-Know-how und jahrelanger Erfahrung in der Begleitung komplexer Carve-Outs und Post-Merger-Integrationen. Unsere Berater:innen verstehen sowohl technologische als auch betriebswirtschaftliche Herausforderungen und sorgen dafür, dass IT-Architekturen, Prozesse und Compliance-Anforderungen von Anfang an optimal aufgesetzt sind. Durch unsere praxisnahe, strukturierte Vorgehensweise minimieren wir Risiken, sichern den Geschäftsbetrieb und schaffen nachhaltige Lösungen – selbst unter hohem Zeit- und Erfolgsdruck.

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