Live nach 14 Monaten: Steuerberaterkammern schaffen zentrales OZG-Antragsportal

Die Kommunikation mit den Steuerberaterkammern ist für die mehr als 100.000 Mitglieder deutlich einfacher geworden: Seit dem 19. September 2023 können sie in einem neuen Antragsportal 24 vereinheitlichte Verwaltungsleistungen online nutzen. mgm unterstützt die Kammern bei der Umsetzung des OZG-Projekts.

Kurz & knapp

  • Neues Antragsportal (stbk-antragsportal.de) bietet zentralen Ort für Online-Leistungen von Steuerberaterkammern aus 16 Bundesländern, angeschlossen sind 20 von 21 Kammern.
  • Das Portal ermöglicht den Mitgliedern die Authentifizierung via BundID und Steuerberaterplattform.
  • Eine schrittweise Modernisierung der Backend-Systeme ermöglicht künftig die automatisierte Weiterverarbeitung der im Portal erfassten strukturierten Daten.
  • Einsatz der Enterprise Low Code Plattform A12 beschleunigt die Entwicklung und vereinfacht die Gestaltung nutzerfreundlicher Online-Formulare.

Für die Mitglieder der Steuerberaterkammern ist seit dem 19. September 2023 Schluss mit der Antragstellung via Post, Fax oder E-Mail. Alle wesentlichen Leistungen können sie jetzt vollständig online in Anspruch nehmen. Während sie vorher zunächst die zuständige Kammer ausfindig machen und deren individuelle Formulare ausfüllen mussten, finden sie jetzt alle Anträge vereinheitlicht und zentral im cloudbasierten Antragsportal der Steuerkammern – sei es die Zulassung zur Steuerberatungsprüfung oder die Anerkennung einer Berufsausübungsgesellschaft. Angeschlossen sind 20 von 21 Steuerberaterkammern aus 16 Bundesländern.

Umgesetzt wurde das OZG-Projekt in nur 14 Monaten unter der Federführung der Steuerberaterkammern Nürnberg und München in Zusammenarbeit mit mgm. Bei der Vorbereitung unterstützte das Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS die Berufsvereinigungen.

„Wir freuen uns, dass wir die föderalen Grenzen überwunden haben und unseren Mitgliedern jetzt eine komfortablere Antragsstellung bieten können“, sagt Moritz Alt, Hauptgeschäftsführer der Steuerberaterkammer Nürnberg, der das Projekt stellvertretend für alle Kammern vorangetrieben und geleitet hat. „Gleichzeitig sind wir jetzt in einer idealen Ausgangsposition, um auch die Prozesse der Sachbearbeitung im Hintergrund sukzessive zu optimieren.“

Low-Code-Ansatz beschleunigt Umsetzung

Eine zentrale Herausforderung des Projekts lag in der Harmonisierung der kammerspezifischen Anträge und der Überführung in nutzerfreundliche Online-Formulare. Beschleunigt wurde dieser Prozess durch eine klare Aufgabenteilung und den Einsatz der Enterprise Low Code Plattform A12. „Die ersten Versionen der Online-Formulare haben wir auf Basis eines Excel-Sheets modelliert, in dem die Kammern bereits ihre Papierformulare vereinheitlicht hatten. Anschließend wurden sie in Abstimmung mit der im Projekt gegründeten kammerübergreifenden Antrags-Arbeitsgruppe in mehreren Iterationen verbessert“, erklärt Tim Bodenstab, der mgm-seitig das Projekt leitete.

Um die Antragsstellung möglichst einfach zu gestalten, werden zum Beispiel eine Reihe von Eingabefeldern nur eingeblendet, wenn sie auch wirklich benötigt werden. Mithilfe von Validierungsregeln sind die fachlichen Zusammenhänge der abgefragten Angaben beschrieben. Das macht es für die Nutzer einfacher, die Felder richtig auszufüllen und erhöht gleichzeitig die Qualität der erfassten strukturierten Daten. „Mit den Tools von A12 konnten wir die Feinheiten der Online-Formulare live modellieren und die Ergebnisse direkt mit den Expertinnen und Experten der Kammern abstimmen“, ergänzt Bodenstab.

Authentifizierung via BundID und nPA

Aus technischer Sicht setzt das Portal auf eine Microservice-Architektur und läuft in einem Kubernetes-Cluster. Für die Authentifizierung der Nutzer wurden zwei Verfahren angebunden: das Nutzerkonto des Bundes (BundID) und die Online-Funktion des neuen Personalausweises (nPA) über die bereits im Januar gestartete Steuerberaterplattform. Die eingegangenen Antragsdaten leitet das Portal automatisch in das Dokumentenmanagementsystem der zuständigen Kammer weiter. Aktuell geschieht dies in Form einer generierten PDF-Datei.

Nach einer Vereinheitlichung der Hintergrundsysteme lassen sich die im Frontend erfassten strukturierten Daten auch direkt im Backend weiterverarbeiten. Dann eröffnen sich neue Möglichkeiten für eine Dunkelverarbeitung, die vor allem die involvierten Massenverfahren erleichtert. So bearbeiten die Kammern jährlich zum Beispiel allein mehrere tausend Anträge für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung.

Ausbaupläne: Das Ende des klassischen Antrags?

„Mit dem Go-Live des neuen Antragsportals ist uns ein weiterer Schritt in Richtung durchgängige Digitalisierung gelungen“, sagt Moritz Alt. „Indem wir als nächstes schrittweise auch die Hintergrundsysteme vereinheitlichen und auf eine moderne Cloud-Infrastruktur bringen, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für die Weiterverarbeitung und Wiederverwendung von Daten. Damit können wir noch besser und schneller auf die Anliegen unserer Mitglieder eingehen.“

So ist zum Beispiel denkbar, dass die Mitglieder künftig einmal getätigte Angaben bei einem neuen Anliegen nicht wiederholen müssen, indem bestimmte Felder nach dem „Once-Only“-Prinzip vorausgefüllt werden oder z.B. nur noch bestätigt werden muss, dass sich Daten nicht geändert haben. Die digitale Zukunft ist aber auch komplett ohne Anträge denkbar: Wenn eine Steuerberaterin oder ein Steuerberater sich erfolgreich authentifiziert hat, soll sie oder er in Zukunft zum Beispiel persönliche Daten direkt ändern können – ohne dafür extra einen Änderungsantrag stellen zu müssen.

Weitere Informationen:

Föderale Grenzen digital überwinden

Sonderauszug aus Innovative Verwaltung 1-2/2024

Hier den Beitrag von Dr. Moritz Alt und Tim Bodenstab downloaden.