Radikalökonomische Ansätze für risikobasiertes Testen in Testprozessen

Tests sind oft die stillen Helden der Software-Entwicklung. Sie stellen sicher, dass Anwendungen reibungslos funktionieren, bevor sie den Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig können Tests enorme Mengen an Zeit, Ressourcen und Budget verschlingen – vor allem, wenn sie nicht strategisch angegangen werden. Was wäre, wenn Testen nicht nur ein notwendiger Aufwand, sondern ein effizienter, kostensparender Erfolgsfaktor wäre?

In diesem Artikel zeigen wir, welche radikalökonomischen Prinzipien sich auf das risikobasierte Testen (auch bekannt als: Risk-Based Testing) übertragen lassen und Testprozesse insbesondere für große Anwendungen in einen strategischen Vorteil verwandeln können.

Kurz & knapp

  • Das Pareto-Prinzip, bekannt als 80/20-Regel, gibt eine klare Richtung vor: Mit 20 Prozent der Tests können bis zu 80 Prozent des Risikos abgedeckt werden.
  • Durch die Konzentration auf kritische Funktionen und die Anwendung des Pareto-Prinzips (80/20) können Teams mit weniger Aufwand signifikante Ergebnisse erzielen.
  • Mit dem Konzept der Grenznutzenanalyse im risikobasierten Testen wird sichtbar, dass Testressourcen immer dann optimal eingesetzt werden, wenn der Nutzen eines Testfalls die Kosten rechtfertigt.

Nicht alle Teile einer Anwendung sind gleich kritisch. Ein Fehler in der Suchleiste kann die Nutzer frustrieren, eine fehlerhafte Checkout-Funktion hingegen wäre eine Katastrophe. Genau hier setzt das risikobasierte Testen an. Indem kritische Komponenten identifiziert werden, können Teams ihre Ressourcen gezielt einsetzen. In einer Logistikanwendung erfordern beispielsweise die Algorithmen zur Routenberechnung mehr Tests als ein Administrations-Dashboard. Die Konzentration auf diese sensiblen Bereiche reduziert das Risiko schwerwiegender Fehler und optimiert gleichzeitig den gesamten Testprozess. Doch das Testen großer Anwendungen wie E-Commerce-Plattformen stellt Testing-Teams vor riesige Herausforderungen: Hunderte von Funktionen und Tausende von Codezeilen erfordern ein durchdachtes Vorgehen. Hier wird Priorisierung zum Schlüssel, um den Überblick zu behalten und effizient vorzugehen.

Das Pareto-Prinzip im Software-Testing: Konzentration auf das Wesentliche

Das Pareto-Prinzip, bekannt als 80/20-Regel, gibt eine klare Richtung vor: 20 Prozent der Tests können bis zu 80 Prozent des  Risikos abdecken. Besonders sensible Bereiche wie die Zahlungsabwicklung oder die Benutzerauthentifizierung benötigen höchste Aufmerksamkeit. Mit einem geschärften Fokus lassen sich redundante Aufgaben vermeiden und Ressourcen gezielt dort einsetzen, wo sie den größten Mehrwert bringen.

Mit einem Burndown-Chart lässt sich der Fortschritt des Projekts gut visualisieren. Dieses Werkzeug stammt ursprünglich aus agilen Entwicklungsmethoden, eignet sich aber auch für radikalökonomische Ansätze. Es zeigt, wie viel Arbeit bereits erledigt wurde und wie viel noch zu tun ist und ermöglicht Teams somit, ihre Produktivität zu messen, Engpässe frühzeitig zu erkennen und Entscheidungen datenbasiert zu treffen. Dabei legt es den Fokus auf verbleibenden Arbeitsaufwand, unterstützt eine iterative Planung und fördert ein effizientes Ressourcenmanagement. Solche Transparenz und Flexibilität sind essenziell für innovative ökonomische Modelle, die traditionelle Paradigmen hinterfragen und neue Wege des Wirtschaftens erforschen.

Priorisierung risikoreicher Testfälle: Zu Beginn hoher Mehrwert, später abnehmende Rendite bei sinkendem Risiko.
Fokus auf risikoreiche Testfälle: Am Anfang steiler Mehrwert, später sinkender Ertrag bei geringeren Risiken

Auch für Testszenarien bietet die Priorisierung und Quantifizierung von Risiken anhand eines Burndown-Charts klare Vorteile. Denn: Eine Risiko-Burndown-Strategie sortiert Testfälle anhand ihres Risikos und reduziert die verbleibenden Risiken systematisch. Die Tests konzentrieren sich dabei auf die Fälle mit der höchsten Risikoreduktion, wodurch sich unnötige Arbeit vermeiden lässt.

Ein definierter Endpunkt, wie die Reduktion des Risikos auf 20 Prozent, erlaubt es, Testaktivitäten konsequent zu beenden, sobald diese Zielmarke erreicht ist. Dies verhindert unnötigen Ressourceneinsatz und senkt Kosten, selbst wenn dies mit Kompromissen bei der Qualität einhergehen könnte. Solche Strategien unterstreichen, wie systematisches Risikomanagement innovative ökonomische Lösungen stärken kann.

Grenznutzenanalyse: Effiziente Teststrategie für maximalen Mehrwert

Ein weiteres Prinzip aus der Wirtschaftswissenschaft, das sich auf das Risk-Based Testing übertragen lässt, ist das Konzept der marginalen Nutzenanalyse oder Grenznutzenanalyse. Der Grenznutzen beschreibt den zusätzlichen Wert, der durch das Ausführen eines weiteren Testfalls gewonnen wird. Ähnlich wie in der Wirtschaft, wo Konsumenten den Nutzen von Waren und Dienstleistungen abwägen, beurteilen Software-Tester den Nutzen eines jeden Testfalls im Vergleich zu seinen Kosten. Der Netto-Nutzen eines Testfalls ergibt sich aus der Differenz zwischen seinem Nutzen und seinen Kosten: Netto-Nutzen = Nutzen – Kosten.

Der Nutzen eines Testfalls wird in der Regel durch seine Fähigkeit gemessen, das Risiko zu verringern. Ein erfolgreicher Testfall kann potenzielle Fehler oder Schwachstellen aufdecken, wodurch das Gesamtrisiko im Endprodukt gesenkt wird. Die Kosten eines Testfalls bestehen vor allem aus der Zeit und den Ressourcen, die der Tester für die Ausführung benötigt.

Um diesen Zusammenhang visuell darzustellen, lässt sich die marginale Nutzung in einem Diagramm abbilden:

  • X-Achse: Sie stellt die Testfälle dar, wobei sie von hohem Nutzen (links) bis hin zu geringem oder sogar negativem Nutzen (rechts) reicht.
  • Y-Achse: Sie zeigt den gesamten Netto-Nutzen des Testens an.

Das Diagramm verdeutlicht einen wichtigen Zusammenhang: Zu Beginn steigt der gesamte Netto-Nutzen, da jeder zusätzliche Testfall potenzielle Fehler oder Bugs aufdeckt. Doch nach einem bestimmten Punkt beginnt der Nutzen zu sinken. Der Scheitelpunkt stellt die optimale Testrate dar – den Punkt, an dem der Nutzen des letzten Testfalls am höchsten ist. Danach führt weiteres Testen zu einem Abfall des gesamten Netto-Nutzens, da die zusätzlichen Testfälle weniger Nutzen bringen, als sie an Kosten verursachen.

Teams sollten das Testen abbrechen, sobald der Scheitelpunkt erreicht ist, da weiterer Aufwand keinen Mehrwert mehr liefert. Der Fokus liegt darauf, Zeit und Ressourcen gezielt einzusetzen, um den Nutzen des Testens zu maximieren. Im Gegensatz zum Burndown-Chart, das linear auf eine Zielerreichung hinarbeitet, ist der Testendpunkt hier flexibel. Dieser Ansatz orientiert sich weniger an starren Prinzipien wie der 80/20-Regel und mehr an spezifischen Bedürfnissen des Projekts.

Entscheidungen auf der Grundlage von Daten

Testen muss kein teurer Engpass mehr sein. Durch die Anwendung wirtschaftlicher Prinzipien wie dem Pareto-Prinzip und der Grenznutzenanalyse wird das Risikomonitoring in Testprozessen zu einem strategischen Vorteil und lässt sich besser auf das jeweilige Projektziel ausrichten. Die Einführung dieser beiden Ansätze in unser Q12-TMT Test Management Tool ist für das Jahr 2025 fest eingeplant.

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