Remote Leadership erfordert von Führungskräfte besonderes Einfühlungsvermögen für die Situationen der Mitarbeiter. Sie müssen keine Superkräfte entwickeln, aber mehr Menschlichkeit wird Ihnen und Ihrem Team gut tun.

Seit mehr als einem Monat arbeiten viele Teams verteilt und vermehrt remote. Einige gehen noch zeitweise ins Büro, andere bleiben im Homeoffice und betreiben nebenher zusätzlich noch Home-Schooling für die Kinder. In dieser Zeit erleben wir einen schleichenden Verlust der sozialen Bindung mit den Kollegen und auch mit der Führungskraft. On top kommt ein erhöhter Arbeitsdruck hinzu, denn die Krise ist zum neuen Normalzustand geworden. Wie schon im letzten Artikel beschrieben häufen sich in vielen Teams die Aufgaben durch ein Corona-Trouble-Shooting. Zudem ist es ein ganz normaler Prozess, dass der Mensch gerne in dem Tempo weitermachen will wie bisher. Vergegenwärtigen Sie sich jedoch, dass wir uns in einer Krise befinden – eine neue Situation, die alte Verhaltensmuster über den Haufen wirft. Die Abarbeitung des Tagesgeschäfts wird häufig dadurch blockiert, dass die geänderten Rahmenbedingungen erst hinterfragt werden und Auswirkungen analysiert werden müssen. Gleichen Sie Erwartungen ab und achten Sie auf die sich öffnenden Gestaltungsräume.

Auch das persönliche Arbeitsumfeld ist anders: Es fehlt nicht nur die soziale Bindung mit den Kollegen, die häufig eine reibungsfreiere Zusammenarbeit fördert, nein, für viele ist auch der Arbeitstag im Büro strukturierter als nun der Alltag zuhause. Denn in vielen Familien sitzt nicht nur der Partner am gemeinsamen Esstisch im Homeoffice, sondern auch der Nachwuchs will beschäftigt werden. Da sind konfliktbehaftete Situationen quasi vorprogrammiert. Die Verdichtung von unterschiedlichen Aufgaben und Rollen kann zu weniger Produktivität und eingeschränkter mentaler Gesundheit führen. Nicht alle Mitarbeiter sind mit Achtsamkeitsmethoden vertraut oder können sich gut abgrenzen und für ihre mentale Gesundheit selbst sorgen.

Was können Sie als Führungskraft nun tun, um Anreize für die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu schaffen? Auch ohne jede einzelne Familiensituation zu kennen.

Beginnen wir mit der Perspektive auf Ihr Team. Was macht Ihr Team besonders aus? Schaffen Sie Socializing-Möglichkeiten wie etwa den wöchentlichen Freitagsnachmittagskaffee und nehmen Sie sich bewusst Zeit, um über Themen zu sprechen, die nicht direkt mit konkreten Arbeitsaufträgen und mit der Krise zu tun haben.

Reflektieren Sie am Ende der Woche: Wie war die Stimmung im Team? Wer hat sich aktiv eingebracht? Wer war besonders still und für wen ist dieses Verhalten untypisch? Planen Sie auch bei Regelterminen oder Arbeitsmeetings bewusst 5 Minuten am Anfang ein, um ein Stimmungsbild abzufragen. Besonders eignen sich dafür die ersten Termine des Tages. Und achten Sie besonders auf die Mitarbeiter, die sich gerade etwas zurück gezogen haben. Einzeltelefonate eignen sich besser dazu, individuelle Situation zu beleuchten, als der Teamcall.

Einen weiteren Hebel, um für die Teamkultur und die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu sorgen, haben Sie in der Hand: Wie verteilen Sie Aufgaben? Machen Sie das direktiv nach dem Push-Prinzip und weisen Sie diese ihren Mitarbeitern diese? Oder stellen Sie die Aufgaben beim Teammeeting vor und bieten das Pull-Prinzip an? Jeder kann sich also eine Aufgabe ziehen. Das Pull-Prinzip ermöglicht Ihnen auch konkret nachzufragen, wenn sich niemand einer Aufgabe annimmt. Auch so erfahren Sie, welche Hindernisse einzelne Mitarbeiter haben, um effektiv arbeiten zu können.

Über das Pull-Prinzip können Sie auch gemeinsam über Tools nachdenken, die Transparenz über alle anliegenden Aufgaben zu schaffen. Brainstormen Sie im Team, wie Sie die Situation bestmöglich gestalten können. Es gibt viele agile Methoden und Tools, die Ihnen das Arbeiten erleichtern, wie z.B. ein KANBAN-Board. Damit können Sie auch sehen, wer Kapazitäten hat und die Aufgaben besser verteilen.

Und zu guter Letzt: Feiern sie auch kleine Erfolge. Denn die Fähigkeiten, die Sie gerade mit ihrem Team lernen, bleiben Ihnen erhalten und nützen Ihnen bei der nächsten Herausforderung.

Dieser Artikel wurde zuerst auf LinkedIn veröffentlicht.