Produktdigitalisierung in der Industrieversicherung 2025: Was hat sich in den letzten zehn Jahren verändert?

Zuletzt aktualisiert am: 12. November 2025

Die Digitalisierung des Versicherungsprodukts ist (immer noch) die wesentliche Voraussetzung für mehr Effizienz in allen produktbezogenen Prozessen. Ein Kommentar von Marc Philipp Gösswein, Mitglied der Geschäftsleitung von mgm technology partners, Industrial Insurance.

Was bedeutet Produktdigitalisierung in der Industrieversicherung wirklich?

Die Digitalisierung individueller Deckungskonzepte ist seit jeher Bestandteil nahezu aller unserer IT-Projekte mit Versicherern, Assekuradeuren und Maklern. Digitalisierung heißt eben nicht Standardisierung – ein Vorurteil, dem wir im Markt nach wie vor regelmäßig begegnen. Im Gegenteil: Gut umgesetzte Digitalisierung bildet die Individualität der Produktkonzepte technisch präzise ab und macht sie so auf Datenfeldebene verarbeitbar – zumindest machen wir das so.

Diese tief strukturierte Abbildung von Produktinformationen (neudeutsch auch: „Digital Twin“) ist Voraussetzung für:

  1. Automatisierte Prozesse in der Anbahnung, der Abrechnung, bei Nachträgen und im Schadenfall – ausgelöst durch verarbeitbare Daten.
  2. Validierungen, relevant z. B. bei der Abbildung von Underwriting-Guidelines, Überprüfung von Dateneingaben wie mögliche Deckungssummen, Prüfungen von Auszahlungsanweisungen im Schadenfall.
  3. Den Einsatz von KI-Techniken, beispielsweise zum. automatischen Einlesen und Mapping externer Datenquellen – im einfachsten Fall Excel-Upload direkt in die Systeme.

Darum bleibt der Durchbruch der Produktdigitalisierung aus

Die Digitalisierung von Produktstrukturen wird bis heute selten durchgängig umgesetzt in der Industrieversicherungsbranche. Die Ursachen der fehlenden „Serienfertigung“ digitaler Produkte sind schnell gefunden:

  • Keine ausreichende Priorisierung der Digitalisierung,
  • Zeitengpässe in den Fachbereichen und
  • unzureichende technische Voraussetzungen

Und nicht zuletzt ist auch falsch eingeschätzte technische Komplexität bei geplanten Projekten ein Hindernis.

Welche Wege führen aus der technischen und fachlichen Komplexität?

Weg 1: Keine globalen Produktmodelle im Industriebereich

Wir verstehen, dass ein globales Produktmodell auch für das Industriegeschäft ein verlockender Gedanke ist und deshalb Bestandteil mancher Projektinitiativen ist. Es weckt die Hoffnung, dass ähnlich dem Privatkundengeschäft ein zentraler Ort entstehen kann, quasi eine „heilige“ digitale Produktbibliothek, aus der man sich das passende Produkt auswählen und neu geschaffene Produkte hinzufügen kann. Wir kennen bis heute kein Unternehmen, dem es gelungen ist, so ein komplexes Modell technisch zu realisieren und dauerhaft in den operativen Betrieb zu überführen.

Unsere langjährigen Projekterfahrungen in der Gewerbe- und Industrieversicherung zeigen: Wenn der Fokus auf der unmittelbaren Abbildung konkreter Modelle liegt, schaffen Versicherer, Assekuradeure und Makler zukunftsfähige digitale Produkte. Ergänzend haben wir gute Erfahrungen mit einer zentralen Wording- bzw. Klauselverwaltung gemacht. Diese ermöglicht es, Individualität (z. B. Produktvarianten in einzelnen Sparten oder Makler-Wordings mit individuellen Leistungskomponenten) abzubilden und gleichzeitig den Überblick zu behalten.

Einen sehr guten Einblick und Praxistips zu Datenmodellen gibt der Fachartikel „Datenmodelle: Die Geschäftsgrundlage für Industriemakler und Industrieversicherer“.

Weg 2: Skalierung durch Verbindung digitaler Produktmodelle mit wertschöpfenden Prozessen

Ein digitales Produkt ist nicht in erster Linie dazu da, die Preisfindung zu erleichtern oder im gewerblichen Bereich sogar zu automatisieren. Wesentlicher Hebel für mehr Effizienz liegt in der Verbindung mit den wertschöpfenden fachlichen Prozessen und deren Automatisierung. Erst dann eröffnen sich Möglichkeiten wie zum Beispiel:

  • In der Anbahnung: Automatisierung von Anfrage- und Risikoinformationen in die Systeme und Vorbereitung der Angebotserstellung.
  • Im Underwriting: Automatisierte Analyse von Risikoinformationen in Kombination und automatische Validierung der implementierten Underwriting-Regeln.
  • In der Bestandsführung: Automatisierte Nachtragsprozesse (z. B. Umsatzregulierungen, Umdeckungen, Wording-Anpassungen) über verschiedene Sparten.
  • In der Abrechnung: Automatisierte Überprüfung von Bordero-Prozessen.
  • Im Schadenfall: Automatisierte Deckungsprüfungen.
  • In der Datenanalyse: Tiefgehende Produkt- und Schadenanalysen.

Welche Faktoren haben alle erfolgreichen Projekte zur Produktdigitalisierung in der Industrieversicherungsbranche gemeinsam?

Um eine Projektinitiative erfolgreich zu machen, empfehlen wir, sich von typischen „Glaubenssätzen“ wie einem globalen Produktmodell oder gar einem globalen System für das Geschäft (typisch v.a. für den Bereich Komposit) zu verabschieden. Sie bürden Initiativen eine zu hohe Komplexität auf. Stattdessen sollte überschaubar geplant werden unter Verwendung flexibler Technologieansätze, fachlich kompetenten Partnern mit Erfahrung und fokussiertem Einsatz interner Ressourcen.

Wer mehr über eine erfolgreiche Umsetzung erfahren möchte, findet im Artikel „Köln.Assekuranz und mgm: Digitalisierung in der Industrieversicherung“ praktische Einblicke.

Vertiefende Informationen und persönlicher Kontakt

Die Produktdigitalisierung bleibt für die Industrieversicherung eines der zentralen Zukunftsthemen – fachlich wie technologisch. Wer sich dazu vertiefend informieren möchte, findet weitere Informationen auf der Website von mgm technology partners – Industrial Insurance (https://www.mgm-tp.com/insurance.html)

Ich stehe auch gern über LinkedIn für einen persönlichen Austausch zur Verfügung.