Die OZG-Cloud steht für ein wegweisendes Projekt, um die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland voranzubringen. Die vom Land Schleswig-Holstein und dem IT-Verbund Schleswig-Holstein (ITV.SH) in Auftrag gegebene und unter Open Source-Lizenz entwickelte Plattform bietet Kommunen die Möglichkeit, Anträge aus Online-Diensten selbstständig bearbeiten zu können. Die Vorteile: Reduktion von Arbeitsaufwänden, Kollaborationsmöglichkeit zwischen den einzelnen Kommunen sowie eine Weiterleitung der digitalen Anträge an Fachverfahren. Um die technischen Anforderungen von über 150 Kommunen abzubilden, wurde das Projekt als Cloud-System entwickelt. Die Applikation ist als EfA-Lösung entwickelt und kann deutschlandweit eingesetzt und somit nachgenutzt werden. Erste Pilotprojekte in anderen Bundesländern sind bereits gestartet.

Kurz & knapp

  • Länderübergreifendes, kooperatives Entwicklungsprojekt auf Open Source-Basis.
  • Einfach zu bedienende Verwaltungssoftware für die Bearbeitung einfacher Anträge.
  • Cloud-System mit sehr hohem Automatisierungsgrad.
  • Konzipiert für Kommunen in Schleswig-Holstein, Übernahmeinteresse aus anderen Bundesländern vorhanden, erste Pilotprojekte gestartet.

Zwischen 70 und 80 Prozent der umzusetzenden OZG-Leistungen liegen in kommunaler Zuständigkeit. Hier fehlt es aber in der Regel an Ressourcen und Mitteln für die Schaffung entsprechender digitaler Strukturen. In Schleswig-Holstein erhalten die Kommunen bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) daher Unterstützung vom IT-Verbund Schleswig-Holstein (ITV.SH). Gesucht wurde nach einer Lösung, die nicht nur Antragsprozesse digitalisiert, sondern auch die Prozesse innerhalb der Kommunen mit einbezieht.

Digitale Antragsbearbeitung für kommunale Verwaltungen

In Zusammenarbeit mit Dataport, dem IT-Dienstleister der öffentlichen Verwaltung Schleswig-Holsteins, und mgm als Softwareentwickler ist so die „OZG-Cloud“ (ehemals Kommunales OSI-Plugin) entstanden. Ziel: Eine einfache Lösung anzubieten, die es auf der einen Seite ermöglicht, die kommunale Selbstverwaltung aufrecht zu erhalten und jede Kommune für sich selbst entscheiden zu lassen, welche Belange sie einbindet. Auf der anderen Seite soll es ebenso einfach sein, einen digitalen Antrag für Verwaltungsdienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Dabei werden die kommunalen Herausforderungen der OZG-Umsetzung aufgegriffen sowie vergleichbare Anforderungen anderer öffentlich-rechtlicher Anstalten und Körperschaften.

Die Idee: Bei den OZG-Umsetzungen sollen zur Abbildung der Anträge und Services die bereits existierenden Formularlösungen verwendet werden. Denn die OZG-Cloud ist kein spezifisches Fachverfahren, sondern eine Applikation, mit der man die Antragsdaten aus verschiedenen Formular-Systemen nehmen und in Teilen bearbeiten kann. Dabei wird eine medienbruchfreie und vollständig digitale Verfahrensbearbeitung ermöglicht. Aktuell werden die Lösungen von etablierten Formulardiensten wie zum Beispiel intelliForm und Form Solutions unterstützt, möglich sind aber alle am Markt gängigen Anbieter.

Die Kommunikation lässt sich durch die Anknüpfung an ein Servicekonto abwickeln – etwa für Rückfragen oder die Zustellung von Bescheiden. Auch Anhänge im PDF-Format können zusätzlich zu den Nachrichten an die Bürger angehängt werden.

Abb.: Die OZG-Cloud schließt die Lücke in der Digitalisierung der Kommunen.

Infrastrukturkomponente „Cloud“

Das Projekt startete im November 2020, ein erster Prototyp wurde im Januar 2021 präsentiert. Der Pilotbetrieb unter Einbindung der kommunalen Nutzer (MVP, Minimal Viable Product) konnte im September 2021 an den Start gehen: In der Kommune Nordfriesland können Bürger jetzt eine Baumfällgenehmigung via OZG-Cloud beantragen und den Bescheid erhalten. Voraussetzung ist, dass sie ein Servicekonto nutzen. In Schleswig-Holstein läuft das über die Online-Service-Infrastruktur (OSI). Doch auch die Anbindung der Servicekonten anderer Bundesländer wie beispielsweise der BayernID ist möglich und wird bereits in ersten Pilotprojekten umgesetzt.

Das Besondere: Die zusätzliche Infrastrukturkomponente, nämlich eine selbst aufgesetzte Cloud, in der jede Kommune einen eigenen Bereich (Namespace) erhält. Dieser Namespace bleibt „Hoheitsgebiet“ jeder einzelnen Kommune, in dem sie bei der Verwaltung ihrer Systeme sehr viel selbst umsetzen kann, aber nicht muss. Das Cloud-System ermöglicht es, den Mandanten „auf Knopfdruck“ eine Systemumgebung bereitzustellen und wurde mit einem sehr hohen Automatisierungsgrad entwickelt. Das betrifft sowohl die Skalierung der technischen Ressourcen, wie zum Beispiel das problemlose Zuschalten weiterer CPU-Kerne oder Speicher sowie auch die Neuanlage und Wartung von Mandanten. Der Ansatz, die Mandantenfähigkeit nicht innerhalb einer Applikation abzubilden, sondern über Namespaces in einer Cloud, wurde damit in der öffentlichen Verwaltung zum ersten Mal erfolgreich auf breiter Fläche eingesetzt.

Effektive Zusammenarbeit von Kommunen

Neu sind auch die Kollaborationsmöglichkeiten innerhalb der Kommunen. Die Applikation bietet ein zentrales Verfahren, in das alle Anträge einlaufen, zu Vorgängen gewandelt und bearbeitet werden. So ist die Zusammenarbeit von mehreren Kommunen auf fachlicher und organisatorischer Ebene möglich – etwa Amtshilfe oder Urlaubsvertretung. Daten bleiben DSGVO-konform in der Hoheit der ursprünglichen Kommune. Die gesamte Abarbeitung von Behördenabläufen lässt sich flexibel an die Rahmenbedingungen anpassen. So können sich kleine Kommunen ohne eigenes Ordnungsamt zusammentun: Das Ordnungsamt einer Kommune ist dann für alle anderen zuständig. Das ist möglich, da eine Sammlung aller Anträge auf einer Plattform verfügbar ist.

Open Source-Projekt ermöglicht ständige Weiterentwicklung

Die OZG-Cloud ist ein länderübergreifendes, kooperatives Entwicklungsprojekt auf Open Source-Basis – wegweisend für die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland. Die Nutzung von Open Source ist ein Paradigmenwechsel und Grundlage dafür, dass sich das Projekt verbreiten kann. Der Quellcode der OZG-Cloud ist offen verfügbar. Länder, Kommunen sowie Formular- und Fachverfahrenshersteller können diesen weiterverwenden und erweitern. Kommen weitere Bundesländer dazu, entsteht eine Gemeinschaft, die sich wie ein großes Open Source-Projekt ständig weiterentwickelt.

Wohin kann sich die OZG-Cloud weiterentwickeln?

Komplexere Vorgänge mit größerem Workflow lassen sich mit der OZG-Cloud (noch) nicht bearbeiten. Denn für die Weiterleitung solcher Anträge (etwa aus dem Sozialwesen) an das entsprechende Fachverfahren fehlen häufig noch die Standards für die notwendigen Schnittstellen. Sobald die OZG-Cloud dank der Verbreitung in andere Bundesländer eine entsprechende Reichweite bekommt, lohnt es sich, für Fachverfahren eine Schnittstelle zu bauen, die dann für viele Kommunen interessant wird. In der Folge schafft die Anbindung der OZG-Cloud auch für die Hersteller von Fachverfahren Mehrwert.

Zudem bietet die OZG-Cloud in Kombination mit einer Low Code-Plattform weitere Möglichkeiten, das Potenzial in der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen auszuschöpfen.

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