Kommentar: Dem OZG 2.0 fehlt eine klare Strategie sowie eine leistungsstarke technische Basis

Behördengänge per Mausklick erledigen – mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sollte das einfacher werden. Doch der digitale Umbau der öffentlichen Verwaltung stockt nicht erst mit Fristablauf des OZGs. Trotz erster Erfolge bleibt der Digitalisierungsgrad der Verwaltungsdienstleistungen hinter den Erwartungen der Bevölkerung zurück. Mit dem „OZG-Änderungsgesetz“, das aktuell vom Bundestag verabschiedet wurde, befinden wir uns sportlich gesehen im Rückstand – und das bereits in der Nachspielzeit. Nicht nur Pressevertreter und Verbände kritisieren das OZG 2.0 als zu unverbindlich und wenig ambitioniert. Was müssen wir also tun, um das Onlinezugangsgesetz bis Ende 2028 sicher über die Zeit zu kriegen? Es bedarf vor allem ein radikales Umdenken auf Landesebene, einer Aufgabenkritik bei der Bereitstellung von Serviceleistungen für die kommunale Ebene sowie einer technischen Basis als Grundlage.

Machen wir uns nichts vor: Das OZG ist gescheitert. Nicht mal ein Drittel der angestrebten 575 Verwaltungsleistungen sind bis Ende 2022 digitalisiert worden. Und auch das OZG-Änderungsgesetz lässt in seiner aktuellen Form zu wünschen übrig. Denn es verbreitet keine Aufbruchsstimmung – im Gegenteil, es ist nicht nur unverbindlich, sondern auch wenig ambitioniert. Es fehlt der Blick aufs große Ganze, die Vision einer modernen Verwaltungsdigitalisierung sowie eine konsequente, nachhaltige Umsetzungsstrategie – verbunden mit einer technischen Infrastruktur, die über alle föderalen Ebenen nutzbar gemacht wird. Bislang verlieren sich Bund, Länder und Kommunen in unzähligen Einzellösungen, die mehr Verwirrungen stiften als Probleme lösen. Die OZG-Umsetzung gestaltet sich derzeit eher wie eine große Theaterbühne: Nach außen sieht man zwar die schöne Fassade, aber hinter den Kulissen liegen lose Ende herum, die ins Nichts führen oder provisorisch zusammengehalten werden. Denn Anbindungen an Fachverfahren sowie Schnittstellen zu anderen Anwendungen sind in den meisten Fällen nicht vorhanden.

Der Erfolg der digitalen Verwaltung wird in den Kommunen entschieden, in denen der Großteil der Verwaltungsleistungen für Bürger:innen und Unternehmen verantwortet wird. Es fehlt hier nicht nur an finanziellen Mitteln, sondern auch auf technischer und organisatorischer Ebene an Fachpersonal. Daher brauchen wir eine radikale Aufgabenkritik und Reformen, die sich mit der Frage beschäftigen, welche staatliche Ebene welche konkreten Services bereitstellt. Nur so können die kommunalen Verwaltungen von administrativen Standardaufgaben entlasten und dem enormen Personalmangel entgegentreten. Statt ausgewählte Verwaltungsleistungen einzeln zu digitalisieren, bedarf es einheitlicher Standards und gemeinsamer Basiskomponenten über alle föderalen Ebenen hinweg. Um langfristig handlungsfähig zu bleiben, benötigt es einen Transformationsprozess in der Verwaltung, der von der Landesebene gesteuert werden muss. Die Kommunen müssen bei der Digitalisierung gezielt unterstützt werden – mit Strategien, Strukturen und fertigen IT-Lösungen. Ansonsten werden wir auch bis Ende 2028 nicht alle Leistungen digitalisiert bekommen.

Am Ende müssen wir uns die Frage stellen: Sind wir bereit, über alle Landesgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten – wie beispielsweise bei der Einführung des Deutschland-Tickets. Denn erst, wenn alle an einer gemeinsamen Vision arbeiten, kann die Verwaltungsdigitalisierung nachhaltig vorangetrieben werden. Und wenn es dazu einer Gesetzesänderung bedarf, um die Vision in rechtliche Bahnen zu lenken, sollte die Politik auch darüber ernsthaft nachdenken.