IT-Fachkräfte in den Kommunen entlasten – mit der OZG-Cloud

Die OZG-Cloud ist ein wegweisendes Projekt, um die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland voranzubringen. Die vom Land Schleswig-Holstein und dem IT-Verbund Schleswig-Holstein (ITV.SH) in Auftrag gegebene und unter Open Source-Lizenz entwickelte Plattform bietet Kommunen die Möglichkeit, Anträge aus Online-Diensten zu bearbeiten. Die Vorteile: Reduktion von Arbeitsaufwänden, Kollaborationsmöglichkeit zwischen den einzelnen Kommunen sowie eine Weiterleitung der digitalen Anträge an Fachverfahren. Auch IT-Fachkräfte haben mit der Anbindung an die OZG-Cloud wenig Aufwände. Warum das so ist und wie lange die Anbindung in der Regel dauert, erklärt Christian Thomsen, Projektleiter OZG-Cloud, im Interview.

Kurz & knapp:

  • Anbindung der OZG-Cloud ist für IT-Kräfte mit geringem Aufwand verbunden.
  • Schnittstellen zu verschiedenen Technologien sind bereits standardmäßig in der OZG-Cloud implementiert.
  • Zentrale Verwaltung mit hochautomatisierten Skripten und Technologien erspart Wartungsaufwand und das Aufspielen von Updates.

Redaktion: Was genau muss ich als IT-Beauftragter tun, wenn meine Kommune an die OZG-Cloud angebunden wird?

Christian Thomsen: Der Aufwand für die IT-Verantwortlichen in den Kommunen ist tatsächlich sehr gering. Im allerersten Schritt benötigen wir nur den Namen der Kommune und die Art der Verwaltung, also ob es sich um eine Stadt, einen Landkreis, ein Amt oder ein Ministerium handelt. Außerdem noch den Namen und die E-Mail-Adresse des Administrators oder einer anderen verantwortlichen Person. Dann benötigen wir nur noch die entsprechenden IP-Adressen der Sachbearbeiter, die auf die Produktionsumgebungen zugreifen können, um diese freizuschalten. So verhindern wir, dass Dritte Zugriff zum Login erhalten. Sobald diese Informationen vorliegen, bauen wir den Namespace auf. Danach kann der Administrator sich direkt einloggen, User anlegen und Rollen zuweisen. Sofern alle Informationen vorliegen, dauert es ungefähr 36 Stunden, um die OZG-Cloud vollständig anzuschließen.

Anschließend müssen nur noch die Anträge im System erstellt werden – beispielsweise von IntelliForm, Form Solutions oder Form Cycle. Dabei helfen wir am Anfang natürlich gern. Nach kurzer Zeit können die Kommunen das selbst. Auch weitere Dienste lassen sich leicht anbinden.

Redaktion: Sind sonst noch irgendwelche technischen Voraussetzungen vonnöten?

Christian Thomsen: Um mit der OZG-Cloud zu arbeiten, genügt ein aktueller Internet-Browser. Weitere operative Aufgaben fallen nicht an. Es muss auch nichts extra eingerichtet oder installiert werden.

Redaktion: Welche technische Architektur verbirgt sich hinter der OZG-Cloud?

Christian Thomsen: Seit dem Start der OZG-Cloud Anfang 2023 hat sich der Funktionsumfang deutlich erweitert. Da wäre als erstes die sogenannte Prozessor-Schnittstelle. Damit sind Kommunen in der Lage, fremde Systeme anzubinden, wie zum Beispiel kleinere Systeme für die Antrags-Versendung oder der dazugehörigen Daten. Die Prozessor-Schnittstelle kann entsprechend eingebaut werden, wenn in einem Fremdsystem mit Daten gearbeitet wird. Die Arbeiten dazu laufen derzeit und gehören noch nicht zum Basisumfang. Aktuell läuft ein Proof of Concept (POC). Wir sind aber sicher, dass die Prozessor-Schnittstelle zukünftig zum festen Bestandteil der OZG-Cloud gehören wird. Und an dieser Stelle müssen die kommunalen IT-Fachkräfte auch selbst aktiv werden, wenn sie ihre eigenen Lösungen einbinden wollen.

Dasselbe gilt für die Bescheiderstellung. Hier gibt es eine Schnittstelle für diverse Tools – in erster Linie arbeiten wir hier mit Smart Documents. Hat eine Kommune eine Smart Documents-Lizenz eingerichtet, werden die Anträge dahin geschickt und anschließend zurückgesendet. Auch hier gilt: Wer sein eigenes System anschließen möchte, muss das selbst machen. Produktiv genutzt wird die Schnittstelle bereits in einer schleswig-holsteinischen Kommune. Weitere Interessenten für die Nachnutzung gibt es bereits.

Redaktion: Gibt es aktuell noch weitere Schnittstellen?

Christian Thomsen: Eine weitere Neuerung, an der wir arbeiten, ist die DMS-Anbindung. Das ist in jedem Bundesland anders, in Schleswig-Holstein läuft das über den sogenannten XTA-Intermediär bei Dataport. Darüber werden die Anträge geschickt und die Kommunen müssen das an ihre DMS-Systeme einspeisen. Auch hier haben wir eine generelle Schnittstelle, die wir bedienen und wenn individuelle Systeme angeschlossen werden, müssen die Kommunen selbst aktiv werden.

Redaktion: Und können diese drei Schnittstellen aktuell schon genutzt werden? Sind sie standardmäßig in der OZG-Cloud enthalten?

Christian Thomsen: Die Prozessor-Schnittstelle und die Schnittstelle zur Bescheiderstellung können jederzeit genutzt werden. Die DMS-Schnittstelle ist noch nicht final implementiert.

Redaktion: Ist die OZG-Cloud ein „lebendes Konstrukt“, dass mithilfe der Kommunen noch weiterentwickelt wird?

Christian Thomsen: Bislang war es so, dass die Kommunen das Projekt aus ihren Bedürfnissen heraus aktiv vorangetrieben haben. Die Prozessor-Schnittstelle und die Bescheiderstellung beispielsweise waren gezielte Wünsche direkt aus den Kommunen, die wir dann sehr schnell umsetzen konnten. Die DMS-Anbindung, also die Langzeitarchivierung von Dokumenten, ist eine zwingende Notwendigkeit für Kommunen. Sie haben also auch hierbei ein Interesse an einer schnell anzubindenden Lösung.

Redaktion: Gibt es weitere Neuerungen für die OZG-Cloud?

Christian Thomsen: Derzeit arbeiten wir an einem sogenannten Antragsraum, einer sehr wichtigen Technologie. Er dient dazu, dass sich die Sachbearbeitung direkt mit den Antragstellern, also den Bürgern oder den Unternehmen, kommunizieren kann. So zum Beispiel bei Rückfragen oder wenn Bescheide fehlen. In Schleswig-Holstein können Bürger direkt über das OSI-Postfach antworten. Andere Postfächer, wie zum Beispiel die Bund-ID, können das bislang noch nicht. Daher bauen wir jetzt ein Tool, über das sie sich ganz einfach austauschen können. Das soll langfristig zu einer digitalen Kommunikationsplattform zwischen Verwaltung und Bürgern ausgebaut werden.

Redaktion: Was kann man kommunalen IT-Spezialisten bei der Anbindung an die OZG-Cloud mit auf den Weg geben?

Christian Thomsen: Das Wichtigste: Vor der Anbindung an die OZG-Cloud muss keiner Angst haben. Es ist keine Wartung erforderlich und es müssen keine Updates aufgespielt werden. Alles wird zentral und über hochautomatisierte Skripte verwaltet. So ermöglichen wir, dass die Anwendungen in den bereits bestehenden Rechenzentren der Bundesländer installiert und gewartet werden können. Die technischen Aufwände zur Pflege sind daher für IT-Fachkräfte sehr gering. Insbesondere in Zeiten knapper Ressourcen in den Kommunen ist es unser Ziel, die IT-Fachkräfte so weit wie möglich zu entlasten. Und wir sind in der Lage, das gesamte System mit wenigen Leuten zentral zu administrieren – nicht nur kommunal, sondern auch bundesweit. Nur so sehen wir eine Chance, dem IT-Fachkräftemangel langfristig entgegenzuwirken.

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