FAQ: Low Code in der Industrieversicherung

Dieses FAQ beantwortet häufig gestellte Fragen zum Thema Low Code in der Industrieversicherung. Was bedeutet der Begriff? Warum sollten Versicherer, Makler und Assekuradeure in der Industrieversicherung sich damit auseinandersetzen?

Was versteht man unter dem Begriff Low Code?

In den letzten Monaten und Jahren hat das Thema Low Code verstärkt an Bedeutung gewonnen. Bereits seit 2014 existiert dieser Begriff und wurde erstmals offiziell vom Reserach& Consulting-Unternehmen Forrester benannt. Low Code steht sinngemäß für die Erstellung von Software mit minimalem Programmieraufwand.

Üblicherweise legen Softwareunternehmen die möglichen Anpassungen und die Flexibilität der Software fest. Anwender und Anwenderinnen können in einem bestimmten Rahmen anpassen und konfigurieren. Dies geschieht beispielsweise mittels Optionen in den Einstellungen, oder auch mit komplexeren Anpassungsmöglichkeiten in Maklerverwaltungs- oder Versicherungssoftware. Allerdings sind solche Anpassungen in der Regel stark eingeschränkt.

Low Code, oft auch in Verbindung mit dem Begriff “Modell” gebracht, erweitert die Konfigurationsoptionen und ermöglicht eine Anpassung der Software an individuelle Bedürfnisse ohne Programmierkenntnisse. Ein Vergleich wird oft mit Excel gezogen, bei dem auch komplexe Datenauswertungen und Verknüpfungen möglich sind, ohne dass der Anwender als Programmierer bezeichnet werden würde.

Wo ist die Grenze zum „Programmieren“?

Die Grenze zwischen „Nicht-Programmieren“ und „Programmieren“ ist genau dort, wo erfahrene User den Visual Basic Editor öffnen würden, um tatsächlich programmieren und so die Software anzupassen. Low Code bewegt sich also in dem Bereich dazwischen und ermöglicht es, bisher eher geschlossene oder nur leicht konfigurierbare Systeme so zu öffnen, dass Fachexpert*innen ohne deutlich mehr an der Software selbst anpassen können.

Wie funktioniert Low Code?

Der Bereich Low Code ist in verschiedene Unterkategorien unterteilt. Wie oben erwähnt, ist das Konzept Low Code nicht neu. Der klassische Low Code Begriff bezieht sich auf Plattformen oder Systeme von Herstellern, die ein kleines Ökosystem bereitstellen, in dem mit geringem Aufwand kleine Anwendungen erstellt werden können.

Ohne Programmierkenntnisse und oft als Ersatz für die Tabellenkalkulation Excel werden einfachste Apps oder Anwendungen mit wenigen Eingabefeldern und Buttons durch Point-and-Click erstellt.

In diesem Bereich gibt es viele amerikanische Anbieter, die dies sehr gut umsetzen können, indem sie oben erwähnte Funktionalität über einen Webbrowser anbieten. Diese klassischen Low Code-Plattformen sind jedoch häufig in ihrer Komplexität begrenzt und nicht für umfangreiche Enterprise-Anwendungen, wie zum Beispiel Produkt- oder Einkaufsmanagement, Prozesse oder vielfältige Schnittstellen in die bestehende IT, geeignet. Vielmehr zielen sie darauf ab, kleine und schlanke Anwendungen schnell zusammen stellen zu können.

Was ist der Unterschied zwischen Low Code und Enterprise Low Code?

Im Gegensatz dazu gibt es Enterprise Low Code-Plattformen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie auch komplexe Anwendungen erstellen oder anpassen lassen können. Dies bedeutet jedoch, dass der Low Code-Ansatz bei Enterprise-Anwendungen etwas komplexer ist, da mehr Anforderungen im Enterprise-Bereich bestehen. Dazu gehören komplexere Eingabeformulare, Listenfilterungen und Datenmodelle.

Beispiel: Bei einer einfachen Low Code-Anwendung genügen wenige Daten, wie Name, Straße und Postleitzahl. Im Enterprise-Bereich jedoch werden Beziehungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitern abgebildet, komplexe Produktstrukturen, Haupt- und Untergruppen usw. benötigt.

Hier wird also der im Low Code-Bereich um ganz spezielle Werkzeuge erweitert, die unter dem Begriff „Enterprise Low Code“ zusammengefasst werden. Meist sind hier Anwendungen im Fokus, die hauptsächlich innerhalb von Unternehmen genutzt und teilweise auch im B2B-Bereich eingesetzt werden.

Ein weiterer Aspekt von Enterprise Low Code-Systemen ist, dass sie dort anfangen, wo einfaches Low Code an seine Grenzen stößt. Wenn beispielsweise eine Excel-Tabelle zu umfangreich wird, ist sie nicht mehr das richtige Werkzeug und dann muss eben doch individuell programmiert werden. Eine gute Enterprise Low Code-Plattform zeichnet sich dadurch aus, dass sie offen ist und sowohl die Low Code-Anwendung unterstützt, als auch klassischer Softwareentwicklung Raum gibt, um gemeinsam auf einer Plattform zu arbeiten und so die Arbeit sinnvoll aufgeteilt wird.

Einfache Low Code Plattformen haben Schwierigkeiten, individuelles Software Engineering zu integrieren, da sie nicht dafür konzipiert sind, mit klassischen Java-Tools oder Java-Entwicklungsprozessen zu arbeiten. Bei der Erstellung komplexerer Geschäftsanwendungen setzen Unternehmen daher bevorzugt auf Enterprise Low Code-Plattformen.

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Industrieversicherung und (Enterprise-) Low-Code-Anwendungen?

In der Industrieversicherungsbranche besteht ein hoher Grad an Individualisierung, weshalb Low-Code und Enterprise Low-Code für Industrieversicherer und Makler von Interesse sind. Das Risikomanagement und die Deckungen für Unternehmen werden prozessspezifisch und teilweise individuell für Kunden, Makler und Versicherer angepasst. Die Zusammenarbeit zwischen Maklern und verschiedenen Versicherern ist eher nicht standardisiert, wie es im Massen-Endkundengeschäft der Fall ist.

Bei der Digitalisierung entsteht somit regelmäßig Anpassungsaufwand, wenn neue Maklerpartner oder Versicherer hinzugezogen werden. Anpassungen in Maklerverwaltungsprogrammen oder Bestandsführungssoftware müssen vorgenommen werden, da sich nicht alle Marktteilnehmer an denselben “Standards” orientieren. Hier bestehen zwei Möglichkeiten: Man wendet sich an den Softwarehersteller und bittet um Anpassungen, entweder durch Individualentwicklung oder im Rahmen eines neuen Releases.

Das Warten auf die nächste Version der Maklerverwaltungssoftware kann jedoch mitunter länger dauern, abhängig von der Priorität, die der Hersteller diesem Feature beimisst. Alternativ kann klassische Individualentwicklung erfolgen. In der Industrieversicherung gibt es jedoch viele Aspekte, die nicht durch klassische Entwicklung abgedeckt werden müssen, sondern mit Low-Code realisiert werden können.

Welche Rolle spielen Low-Code-Plattformen in der Versicherungsbranche?

Low-Code-Plattformen ermöglichen es Versicherungsfachleuten wie Underwritern und Kunden-/Fachbetreuern, digitale Produkte und Prozesse zu erstellen und anzupassen, ohne umfangreiche Programmierkenntnisse zu besitzen. Diese Plattformen bieten eine vereinfachte Benutzeroberfläche, die einer Mischung aus Text-/Bildbearbeitung und einem Excel-Konfigurator ähnelt. Hier können Benutzer mithilfe vorgefertigter Module und Werkzeuge gewünschte Produkte und Prozesse auswählen und konfigurieren.

Welche Vorteile bieten Low-Code-Plattformen für Fachbereiche in der Industrieversicherung?

Low-Code-Plattformen ermöglichen es Fachbereichen, ihre Abhängigkeit von IT-Abteilungen oder externen Entwicklern zu reduzieren. Mit diesen Plattformen können sie digitale Versicherungsprodukte und Prozesse effizienter und agiler erstellen, anpassen und optimieren. Durch Low-Code-Plattformen können Versicherungsfachexpert*innen schnell auf Marktanforderungen reagieren, innovative Lösungen anbieten und die Kundenorientierung verbessern.

Können Low-Code-Plattformen IT-Abteilungen in der Versicherungsbranche ersetzen?

Nein, Low-Code-Plattformen machen IT-Abteilungen nicht überflüssig. Obwohl diese Plattformen Anpassungen innerhalb vordefinierter Parameter ermöglichen, fehlt ihnen möglicherweise die Flexibilität, komplexe oder individuelle Anforderungen zu bewältigen. IT-Experten spielen eine entscheidende Rolle bei der Zusammenarbeit mit Versicherungsfachleuten, um Plattformverbesserungen voranzutreiben und technische Aspekte jenseits der Low-Code-Fähigkeiten zu berücksichtigen.

In welchem Zeitrahmen wird die Einführung von Low-Code-Plattformen in der Versicherungsbranche erwartet?

Es wird erwartet, dass sich Low-Code-Plattformen bis 2025 in der Versicherungsbranche etablieren werden. In diesem Zeitraum sollten Underwriter und Versicherungsexpert*innen Arbeitsweisen so anpassen, dass sie aktiv an der Gestaltung ihrer digitalen Produkte und Prozesse teilhaben können. Gleichzeitig sollten IT-Mitarbeiter*innen in der Industrieversicherung die IT-administrativen Kompetenzen ihrer Kolleg*innen aus den Fachbereichen ausbauen und unterstützen und gemeinsam mit ihnen die erforderlichen Änderungen an der Plattform umsetzen.

Warum sollten sich Industrieversicherungsmakler und -versicherer mit diesem Thema befassen und welchen Nutzen ziehen sie daraus?

Der große Vorteil für Versicherer oder Makler besteht darin, dass sie nicht auf ihren Softwarehersteller angewiesen sind, um Change Requests zu adressieren und auf Angebote zu warten, die möglicherweise bis zu einem Jahr dauern können. Stattdessen können sie kleinere Anpassungen selbst und mit nur wenigen Klicks durchführen, um ihre Software an die Bedürfnisse individueller Geschäftsvorfälle anzupassen.

Können Fachbereiche ohne IT-Wissen Low-Code-Entwicklungswerkzeuge benutzen?

Ja, speziell Enterprise Low-Code ermöglicht es Nicht-IT-Fachleuten, Software mit leichtgewichtigen Werkzeugen zu erstellen, während sie den ordnungsgemäßen Freigabe- und Versionsprozess einhalten.

Hier ist ein Beispiel zum Thema Partnerdatenänderung in mgm Cosmo, konkret Anlage eines neuen Feldes „Mitarbeiteranzahl“, und wie die mitgelieferten Standardoberflächen verändert werden oder weitere Oberflächen- und UI-Elemente über neue Tabs oder Reiter hinzufügt werden.

Welche typischen Anwendungsbeispiele aus der Industrieversicherung können mit Low-Code modelliert und beschleunigt werden?

Low-Code kann bei einfachen und häufigen Änderungswünschen, wie beispielsweise neuen Feldern im Ausgabedokument (PDF oder Word-Dokument), geänderten Unterschriften oder Anpassungen von Schnittstellenbeschreibungen und Teilen von Schnittstellen, hilfreich sein. So können auch Daten in CSV-Dateien oder Excel-Dateien angepasst werden, um sie importieren zu können.

Low-Code-Plattformen ermöglichen auch die Modellierung und Automatisierung komplexer Prozesse in der Versicherungsbranche, wie beispielsweise Risikobeschreibungen, Deckungsdetails und die Generierung von Fragebögen.

Low-Code bietet dem Fachbereich beim Industrieversicherer- und makler die Möglichkeit, Software und digitales Arbeiten direkt zu gestalten und anzupassen, ohne dass Programmierung erforderlich ist.

Wo finde ich noch mehr Information zum Thema Low Code und Industrieversicherung?

Low Code in der Industrieversicherung: mgm Cosmo am Beispiel „Partnerdaten“

Selbst normale Eingabefelder für Kundendaten können eine größere Operation im Rahmen der Digitalisierung sein, vor allem wenn es verschiedene Ausprägungen geben soll. Mit einem modellbasierten Ansatz einer Low Code-Plattform funktioniert das ohne Entwickler sehr viel effizienter und lässt sich zudem jederzeit schnell an neue oder produktspezifische Anforderungen anpassen. Hier mehr erfahren.

Podcasts „Industrieversicherung digital“: Low Code in der Industrieversicherung

In dieser Folge des Podcasts „Industrieversicherung digital“ ist unser mgm-Kollege Wolfgang Filser zu Gast und spricht zum Thema „Low Code in der Industrieversicherung“. Hier mehr erfahren.

Whitepaper: Effiziente Digitalisierung von Industrieversicherungen

Portfolios und Prozesse schnell und effizient mit Low Code digitalisieren: Vertrieb, Underwriting, Bestandsmanagement, Schadensabwicklung. Hier gehts zum Artikel und Whitepaper.

Versicherungsprodukte per Low Code: Digitalisierung ohne IT-Experten

Mit der Digitalisierung in der Versicherungsbranche wird es auch ein Update von Berufen geben. So müssen in Zukunft Underwriter bei Versicherern und Kunden-/Fachbetreuer bei Maklern mehr IT-Kenntnisse mitbringen als dies in der Vergangenheit der Fall war. Damit sie dennoch effizient und erfolgreich arbeiten können, sind Low-Code-Lösungen eine mögliche Antwort. Mit ihnen können Versicherungsexperten auch ohne tiefere Programmierkenntnisse digitale Produkte und Prozesse individuell anpassen. Hier mehr erfahren.